Wie Trump TikToks Zerschlagung verzögert
TikTok war in den USA eigentlich schon abgeschaltet. Zumindest rechtlich. Der ursprüngliche Stichtag – 19. Januar 2025 – ist längst verstrichen. Die gesetzliche Vorgabe: ByteDance, TikToks chinesischer Mutterkonzern, muss sich vollständig von seiner US-Tochter trennen.
Doch Präsident Donald Trump verlängert erneut – und verschiebt den Vollzug des Gesetzes ein drittes Mal, diesmal bis Mitte September. Eine offizielle Bestätigung kommt aus dem Weißen Haus: Man wolle den Amerikanern die Nutzung der App nicht verwehren. Gleichzeitig sei es wichtig, einen tragfähigen Deal auszuhandeln.
Die Politik spielt auf Zeit
Trump betont öffentlich, TikTok nicht abschalten zu wollen – trotz des Gesetzes, das er nun selbst zum dritten Mal umgeht. Dabei war es gar nicht seine Administration, die das Gesetz ursprünglich in Kraft setzte: Am 24. April 2024 hatte Präsident Joe Biden den Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act unterschrieben.
Das Gesetz verpflichtet ByteDance, TikTok bis spätestens Januar 2025 an einen neuen Eigentümer zu übergeben – ein klarer Bruch mit der bisherigen Toleranz gegenüber Tech-Plattformen mit chinesischer Kontrolle.
Dass der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump das Gesetz nun de facto aushebelt, verwundert viele Beobachter. Noch 2020 hatte er sich auf TikTok eingeschossen, sprach von
„Spionage durch die Kommunistische Partei Chinas“ und wollte die App komplett aus amerikanischen App-Stores verbannen. Heute klingt er versöhnlicher: In einer TV-Sendung bekannte er sogar, einen „weichen Punkt im Herzen“ für TikTok zu haben.
Käufer gesucht – ein Bieterkampf hinter den Kulissen
Hinter den Kulissen bahnt sich ein Tech-Showdown an: Namen wie Amazon, AppLovin und sogar das junge KI-Unternehmen Perplexity AI tauchen als mögliche Käufer auf. Auch ein Konsortium bestehender US-Investoren soll eine Option sein – womöglich mit einem verbliebenen Minderheitsanteil für ByteDance.
Die Gespräche laufen unter Aufsicht von Trumps Vizepräsident JD Vance, einem ehemaligen Hedgefonds-Manager und prominenten Tech-Kritiker.
Doch der Zeitdruck steigt. Denn: Die letzte Fristverlängerung war laut Gesetz eigentlich nicht mehr zulässig. Formal ist nur eine einzige Verlängerung vorgesehen – die nun überschritten wurde. Dass Trump dennoch erneut handelt, nährt die Kritik, er beuge geltendes Recht.
Warum TikTok zur geopolitischen Machtprobe wird
Die Debatte um TikTok ist längst mehr als nur Datenschutz oder Marktregulierung. Es geht um geopolitische Interessen, wirtschaftlichen Einfluss und Kontrolle über digitale Plattformen mit enormer Reichweite – TikTok zählt in den USA rund 170 Millionen Nutzer. Gegner fürchten, dass ByteDance Nutzerdaten abgreifen oder Inhalte im Sinne der chinesischen Regierung manipulieren könnte.
Hinzu kommt: TikTok hat sich zur mächtigsten politischen Bühne junger Amerikaner entwickelt. Von Pro-Palästina-Videos bis zu Anti-Biden-Memes – kaum eine Plattform prägt die Meinung junger Wähler so stark. In einem Wahljahr ist der politische Einfluss der App nicht zu unterschätzen.
Trumps Zögern wirft Fragen auf
Warum Trump TikTok plötzlich schonen will, bleibt unklar. Einige spekulieren, dass er gezielt auf die Gunst junger Wähler zielt – andere sehen wirtschaftliche Interessen. Schließlich wäre ein US-Käufer für TikTok ein lukrativer Deal. Wieder andere halten ihn schlicht für unentschlossen. Doch eines ist sicher: Die Entscheidung hat Signalwirkung – nicht nur für ByteDance, sondern für den gesamten digitalen Machtkampf zwischen den USA und China.
Und TikTok? Das Unternehmen schweigt. Auch ByteDance hat sich bislang nicht zur neuen Deadline geäußert.
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