11. September, 2025

Automobile

Tesla Robotaxi: Euphorie, Ernüchterung, Warteliste – was wirklich hinter dem Hype steckt

Teslas Robotaxi-App sorgt für Begeisterung und Frust zugleich. Nutzer berichten, dass sie über Nacht erst Zugang erhalten und kurz darauf wieder auf die Warteliste gesetzt wurden.

Tesla Robotaxi: Euphorie, Ernüchterung, Warteliste – was wirklich hinter dem Hype steckt
Keine echten Robotaxis: In Kalifornien sitzt ein Sicherheitsfahrer am Steuer, in Texas auf dem Beifahrersitz – autonom ist der Dienst damit nur auf dem Papier.

Vom goldenen Ticket zur Warteschlange

Es klingt wie ein Tech-Märchen: Nach Monaten des Wartens, einer Reise nach Austin und unzähligen App-Checks erhält ein Nutzer endlich den lang ersehnten Zugang zum Tesla-Robotaxi.

Nur Stunden später ist alles vorbei – zurück auf die Warteliste. Dieses Hin und Her betrifft nicht nur Einzelne, sondern eine wachsende Zahl an frühen Testern. Auf X berichten Nutzer von identischen Erfahrungen: „Den ganzen Tag Zugang, und plötzlich wieder gesperrt.“

Dass Tesla die App am Mittwoch still und leise für alle iOS-Nutzer in den USA und Kanada freigeschaltet hat, verstärkt den Eindruck von Improvisation. Wer außerhalb der aktuellen Testgebiete – Austin und die San Francisco Bay Area – wohnt, bleibt ohnehin außen vor.

Lange Wartezeiten, wenige Fahrzeuge

Ein zentrales Problem sind die Flottenkapazitäten. Während Konkurrent Waymo in Austin rund 100 Fahrzeuge auf 90 Quadratmeilen einsetzt, operiert Tesla in derselben Stadt mit einer „Handvoll“ Robotaxis – offiziell erhöht um 50 Prozent, genaue Zahlen nennt das Unternehmen nicht. Selbst im erweiterten Einsatzgebiet von 173 Quadratmeilen bedeutet das Wartezeiten von bis zu 40 Minuten.

Lange Wartezeiten: Nutzer berichten von bis zu 40 Minuten bis zur Abholung – doppelt so lang wie bei Waymo oder Uber in San Francisco.

Zum Vergleich: Uber oder Waymo liegen in San Francisco bei durchschnittlich 10 bis 15 Minuten. Für eine Dienstleistung, die „Zukunft der Mobilität“ verspricht, ist das ein Stolperstein.

Sicherheit mit menschlicher Krücke

Noch gravierender: Die Robotaxis sind bislang keine echten Robotaxis. In Kalifornien sitzt ein Sicherheitsfahrer am Steuer, in Texas ein Tesla-Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz.

Quelle: Eulerpool

Auf Autobahnstrecken rückt dieser sogar zurück ans Steuer. „Es ist nicht wirklich ein Robotaxi, wenn ein Angestellter im Auto sitzt“, urteilte John Krafcik, Ex-Chef von Waymo, im August.

Tesla argumentiert, dies sei nur eine Übergangslösung – Kritiker sehen darin jedoch den Beleg, dass die Technik noch weit von einem autonomen Betrieb entfernt ist.

Musk setzt auf Geschwindigkeit statt Perfektion

Dennoch verfolgen Branchenkenner aufmerksam, wie Elon Musk das Projekt vorantreibt. „Es geht um Wahrnehmung von Fortschritt“, sagt Alex Roy, ehemaliger Direktor beim Autonomie-Startup Argo AI. Tesla verzichte bewusst darauf, auf die vollständige Reife zu warten. Stattdessen werden schnell neue Städte erschlossen und Geozäune erweitert.

Für Investoren bedeutet das: kurzfristige Schlagzeilen, aber auch hohe operative Risiken. Während Waymo auf regulatorische Sicherheit und langsameren Ausbau setzt, riskiert Tesla mit seiner Vorwärtsstrategie Rückschläge – wie das jüngste App-Fiasko zeigt.

Die politische Dimension

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die Regulierungsbehörden. In Kalifornien darf Tesla derzeit keine fahrerlosen Taxis ohne Sicherheitsfahrer betreiben.

In Texas ist das Regelwerk zwar lockerer, doch ein ernsthafter Unfall könnte den politischen Druck drastisch erhöhen. Für ein Unternehmen, das den Robotaxi-Markt als künftige Gewinnmaschine auserkoren hat, wäre das ein Rückschlag.

Anleger zwischen Vision und Realität

Die Robotaxi-Strategie ist zentral für Teslas Bewertung. Analysten schätzen, dass ein funktionierendes Robotaxi-Netzwerk den Unternehmenswert verdoppeln könnte. Doch die aktuelle Realität ist ernüchternd: unzuverlässige Apps, geringe Fahrzeugzahlen, Sicherheitsfahrer an Bord.

Die entscheidende Frage bleibt: Gelingt es Tesla, schneller als Waymo oder Cruise echte Skalierung zu erreichen – oder verliert Musk durch überstürzte Expansion das Vertrauen von Nutzern und Investoren?

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