18. Mai, 2025

Quartalszahlen

Telekom hebt Prognose an – doch das Wachstum hat seinen Preis

Der Boom der US-Tochter T-Mobile treibt die Deutsche Telekom zu neuen Höchstwerten. Doch die Abhängigkeit vom US-Geschäft wächst – und im Heimatmarkt verliert der Konzern an Boden.

Telekom hebt Prognose an – doch das Wachstum hat seinen Preis
Während T-Mobile in den USA für Gewinnsprünge sorgt, schrumpft der Umsatz im Heimatmarkt um 1,3 Prozent. Die Telekom bleibt eine Konzerntochter mit Konzern drumherum.

29,8 Milliarden Euro Umsatz in drei Monaten, ein operativer Gewinn von über 11 Milliarden Euro und mehr als 50 Prozent Plus beim Free Cashflow: Die Deutsche Telekom hat ein starkes erstes Quartal hingelegt.

25 Jahre Deutsche Telekom AG – vom öffentlichen Unternehmen zur Aktiengesellschaft
Mit der Privatisierung vor einem Vierteljahrhundert forcierte die Telekom ihre erfolgreiche Entwicklung zum internationalen IT- und Telekommunikationskonzern.

Verantwortlich für den Rückenwind ist – einmal mehr – die Mobilfunktochter T-Mobile US. Die Amerikaner liefern, der Rest muss mithalten. Und genau darin liegt die Achillesferse des Bonner Konzerns.

Quelle: Eulerpool

T-Mobile glänzt, Telekom profitiert

Seit Jahren ist es das gleiche Bild: Während das Deutschlandgeschäft der Telekom bestenfalls stabil bleibt, sorgt T-Mobile in den USA für zweistellige Wachstumsraten.

Im ersten Quartal kletterte der Umsatz der US-Tochter um 6,6 Prozent, der operative Gewinn wuchs um knapp acht Prozent. Die Zahlen sind beeindruckend – vor allem angesichts eines insgesamt abflauenden Mobilfunkmarktes in den USA.

Der Neukundenzuwachs lag zwar leicht unter den Analystenerwartungen, übertraf aber die Resultate von Konkurrenten wie Verizon und AT&T deutlich.

Quelle: Eulerpool

Der Free Cashflow von T-Mobile stieg um fast ein Drittel auf 4,4 Milliarden Dollar – ein entscheidender Hebel für die Konzernmutter in Bonn. Prompt hob die Telekom ihre Jahresprognose an: Das Ebitda soll nun bei 45 Milliarden Euro statt wie bisher 44,9 Milliarden liegen, der Free Cashflow bei 20 Milliarden Euro.

Das klingt nach Feintuning, ist aber ein wichtiges Signal an die Kapitalmärkte – vor allem angesichts der soliden Dividendenpolitik des Konzerns.

Die stille Abhängigkeit

Doch je stärker der Erfolg in Übersee, desto deutlicher tritt ein strukturelles Problem zutage: Die Deutsche Telekom hängt inzwischen mehr denn je am Tropf ihrer US-Tochter. Zwei Drittel des Konzernumsatzes stammen mittlerweile aus den Vereinigten Staaten.

Quelle: Eulerpool

Ohne die Beiträge von T-Mobile wäre die Telekom kaum das wertvollste Telekommunikationsunternehmen Europas. Was auf den ersten Blick nach Globalisierungserfolg aussieht, ist bei genauerem Hinsehen ein Konzentrationsrisiko.

Denn wie verwundbar diese Abhängigkeit macht, zeigte sich bereits im April, als die T-Mobile-Zahlen einen leicht enttäuschenden Kundenzuwachs auswiesen. Auch wenn der Markt die leichten Abweichungen verzieh, bleibt die Erkenntnis: Wackelt T-Mobile, wankt die Telekom.

Heimatmarkt im Rückwärtsgang

Während in den USA die Kassen klingeln, sieht es im deutschen Kerngeschäft weniger rosig aus. Der Umsatz sank um 1,3 Prozent – ein Rückgang, den der Konzern auf das margenschwache Endgerätegeschäft zurückführt.

Positiv entwickelten sich die Service-Umsätze, die um drei Prozent stiegen, und das Betriebsergebnis, das leicht zulegte. Doch der Verlust von 7000 Breitbandkunden wiegt schwer. Zwar konnten 128.000 neue Glasfaserverträge abgeschlossen werden, doch es zeigt sich: Die Marktanteile lassen sich nicht mehr so einfach verteidigen wie in früheren Jahren.

Der Wettbewerb ist schärfer geworden. Besonders Telefónica Deutschland prescht mit aggressiven Angeboten vor. Auch Vodafone hat sich neu sortiert. Die Deutsche Telekom setzt hingegen weiter auf organisches Wachstum und die eigenen Stärken – etwa bei Infrastruktur und Kundenservice.

Doch ob das reicht, um im stagnierenden Heimatmarkt neue Impulse zu setzen, ist offen.

Europa im Schatten, T-Systems im Aufwind

Etwas besser als in Deutschland lief es im europäischen Ausland. Dort konnten Umsatz und operativer Gewinn leicht gesteigert werden – solide Zahlen, aber keine Wachstumstreiber. Überraschend positiv fällt hingegen das Zwischenfazit bei T-Systems aus.

Die sonst oft als Sorgenkind wahrgenommene IT-Sparte konnte mit zwei großen Staatsaufträgen punkten und den Auftragsbestand auf rund eine Milliarde Euro steigern.

Auch die Kooperation mit Google zur Entwicklung einer europäischen „Sovereign Cloud“ zeigt, dass der Konzern auf geopolitische Trends wie Datenhoheit und digitale Souveränität reagiert.

Beeindruckende Bilanz mit strukturellem Klumpenrisiko

Die Deutsche Telekom liefert – das ist unbestritten. Die Zahlen stimmen, die Dividenden sind sicher, der Markt goutiert die Performance. Doch die Abhängigkeit vom US-Geschäft ist längst mehr als eine stille Reserve. Sie ist zum zentralen Motor geworden – und damit zum Risiko. Kommt T-Mobile ins Straucheln, fehlen der Telekom schnell die Spielräume.

Hinzu kommt: Im deutschen Markt geht die Kundschaft zunehmend verloren, während die Wachstumschancen in Europa begrenzt bleiben. Wer auf die Telekom setzt, setzt deshalb vor allem auf Amerika. Und damit auf einen Erfolg, der derzeit beeindruckt – aber nicht garantiert ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Gewinn trotz Katastrophen: Wie Talanx aus Feuer Geld macht
Erstversicherung rettet Bilanz: Trotz 640 Millionen Euro Schaden durch US-Waldbrände erzielt Talanx einen Quartalsrekord – und bleibt beim Jahresziel von 2,1 Milliarden Euro.