08. Mai, 2025

Quartalszahlen

TeamViewer liefert – und wird trotzdem abgestraft

Trotz starkem Quartal, hoher Marge und optimistischem Ausblick verliert die Aktie deutlich. Warum der Markt mit dem Göppinger Softwarehaus fremdelt – und was dahinter steckt.

TeamViewer liefert – und wird trotzdem abgestraft
Trotz 7 % Umsatzwachstum und 33 % Gewinnplus fällt die TeamViewer-Aktie am Tag der Quartalszahlen um fast 15 % – ein klares Zeichen für enttäuschte Markterwartungen.

Top-Zahlen, Kurs im Sturzflug

Es sind eigentlich Nachrichten, die Investoren erfreuen sollten: TeamViewer hat im ersten Quartal 2025 sowohl beim Umsatz als auch beim Ergebnis klar besser abgeschnitten als erwartet.

Quelle: Eulerpool

Der währungsbereinigte Umsatz stieg um sieben Prozent auf 190,3 Millionen Euro und lag damit über dem Konsens von 185 Millionen. Das operative Ergebnis (bereinigtes EBITDA) kletterte um 11 Prozent auf 81,7 Millionen Euro – bei einer beeindruckenden Marge von 43 Prozent.

Quelle: Eulerpool

Und doch rauscht die Aktie nach Bekanntgabe der Zahlen am Montagvormittag um fast 15 Prozent in den Keller.

Ein Lehrbuchbeispiel für die Diskrepanz zwischen Fundamentaldaten und Markterwartung.

Enterprise-Geschäft zieht an

Besonders stark entwickelte sich das Großkundensegment: Über 20 Prozent Umsatzplus zeigen, dass die Plattform zunehmend als strategisches Werkzeug in der digitalen Transformation gesehen wird.

Auch die Integration der britischen IT-Tochter 1E verläuft laut Unternehmensangaben planmäßig – ein wichtiger Baustein für künftiges Wachstum.

Quelle: Eulerpool

Doch an der Börse zählen nicht nur Zahlen, sondern auch Narrative. Und hier scheint TeamViewer – trotz operativer Stärke – weiter mit einem Vertrauensproblem zu kämpfen.

Marketing runter, Marge rauf – aber auf Dauer?

Ein Grund für die starke Marge sind die drastisch reduzierten Marketingausgaben. TeamViewer investierte 28 Prozent weniger in Werbung und Kommunikation als im Vorjahr – eine Zahl, die kurzfristig begeistert, aber langfristig Fragen aufwirft.

Wie nachhaltig ist das Wachstum, wenn man gleichzeitig die Markenpräsenz und Kundenakquise zurückfährt?

TeamViewer - Investor Relations

Zudem ist das Unternehmen mit seiner teuren Sponsorings-Vergangenheit (Manchester United, Mercedes-AMG) noch nicht bei allen Investoren rehabilitiert. Dass ausgerechnet Marketingkürzungen nun die Margen retten, wirkt in manchen Augen wie ein taktischer Sondereffekt – kein struktureller Gewinnhebel.

Übernahmeverdauung dauert länger als gedacht

Die Integration der im Dezember übernommenen britischen Plattform 1E verläuft laut CEO Oliver Steil „nach Plan“. Erste gemeinsame Produkte seien bereits am Markt. Dennoch bleibt die Übernahme ein Unsicherheitsfaktor – vor allem, weil sie zum bislang größten Zukauf der Unternehmensgeschichte zählt und teils als überteuert kritisiert wurde.

Erfahrungen mit früheren Deals machen Anleger vorsichtig: Zu groß, zu ambitioniert – oder schlicht zu teuer? Die Antwort steht noch aus.

Ein Wert mit Wachstum – aber ohne Momentum

Langfristig ist TeamViewer strategisch gut positioniert. Das Unternehmen profitiert vom Trend zur Automatisierung, der Digitalisierung hybrider Arbeitsprozesse und der zunehmenden Nachfrage nach Remote-Lösungen im Industriebereich. Die Kundenbasis ist breit, die Technologie etabliert.

Und doch: Die Aktie bleibt ein schwieriger Fall. Wer vor den Quartalszahlen investiert war, sieht sich heute mit einem zweistelligen Tagesverlust konfrontiert – ohne operative Begründung. Wer nicht investiert ist, hat einen weiteren Grund, vorerst Abstand zu halten.

Ein gutes Unternehmen. Aber eine enttäuschende Aktie.

Das erste Quartal war operativ ein Erfolg. Doch der Kapitalmarkt reagiert auf Bilanzen nur dann mit Applaus, wenn Vertrauen und Erwartungen im Gleichklang sind. Bei TeamViewer ist das derzeit nicht der Fall.

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