Die Zukunft der Pharma- und Medizintechnikbranche in Deutschland steht im Mittelpunkt eines neuen strategischen Dialogs, der darauf abzielt, den Sektor zu stärken und an die sich verändernden globalen Marktbedingungen anzupassen. Am Mittwoch wird Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) hochrangige Branchenvertreter sowie Mitglieder zahlreicher Ministerien im Kanzleramt empfangen. Dieses Treffen stellt den offiziellen Auftakt einer weitreichenden Strategie dar, die sowohl die Optimierung der Arzneimittelversorgung als auch die Schaffung attraktiverer Standortbedingungen zum Ziel hat.
Die florierende Pharmaindustrie in Deutschland gilt als einer der wenigen erfolgreichen Wirtschaftssektoren, sieht sich jedoch regelmäßig mit ernsten Herausforderungen konfrontiert. Aktuell bedrohen Lieferengpässe von essenziellen Medikamenten wie Fiebersäften, Schmerzmitteln und lebenswichtigen Antibiotika die Versorgungssicherheit. Diese Problematik wird durch Deutschlands starke Abhängigkeit von Zulieferungen aus China und Indien verschärft, was die Situation angesichts geopolitischer Spannungen weiter eskaliert.
Die Branche klagt über den intensiven Kostendruck seitens der Politik, der die Hersteller unter Druck setzt und einige zur Verlagerung der Produktion, unter anderem von Penicillin, ins Ausland zwingt. Die Regulierung der Arzneimittelpreise stellt ein zusätzliches Hemmnis dar, da sie die Weitergabe steigender Produktionskosten an die Verbraucher erschwert, was die Marktbedingungen weiter verkompliziert. Dennoch sieht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Chancen in der geplanten Synergie zwischen der Pharma- und Medizintechnikindustrie.
Rabea Knorr, Abteilungsleiterin des BDI, unterstreicht die Notwendigkeit, die Innovationskraft der Gesundheitswirtschaft zu fördern, um die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems zu gewährleisten. Eine aktuelle Studie hat das Potenzial neuer technologischer Innovationen aufgezeigt, die mittelfristig zu Einsparungen von bis zu 50 Milliarden Euro pro Jahr führen könnten, während sie gleichzeitig die Versorgungssituation entscheidend verbessern.
Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, sind konkrete Maßnahmen geplant, die die Versorgung und die Marktbedingungen in Deutschland verbessern sollen. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums kündigte einen interdisziplinären Dialogprozess an, der unter der Schirmherrschaft des Ministeriums stattfinden und die bestehenden Format wie die Pharmastrategie und den Pharmadialog sinnvoll konsolidieren soll. Ein zentrales Anliegen ist dabei, die finanzielle Belastung durch steigende Arzneimittelpreise auf die gesetzlichen Krankenkassen zu minimieren, ohne sprunghafte Prämienerhöhungen zu verursachen. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) warnten, dass die finanziell starke Pharmaindustrie nicht vollständig von den Effizienzbemühungen ausgenommen werden dürfe.