05. November, 2025

Startups & VC

Steuern neu gedacht – Berliner Start-up AnyTax will Finanzwelt revolutionieren

Das Fintech AnyTax will Banken und Trading-Apps mit einer Schnittstelle zur Steuerwelt verbinden. Die Gründer sichern sich dafür eine Million Euro frisches Kapital – und prominente Investoren glauben an die Vision.

Steuern neu gedacht – Berliner Start-up AnyTax will Finanzwelt revolutionieren
Eine Million Euro Startkapital: Neben IBB Ventures investieren auch Peter Kleinschmidt (N26) und sevDesk-Gründer Marco Reinbold.

Eine Idee, die an der Finanz- und Steuerwelt rüttelt

Ein Steuerprodukt, das sich unsichtbar in die Finanzwelt einfügt – genau das will das Berliner Start-up AnyTax schaffen. Die Idee: Wer über eine App Aktien kauft, soll künftig automatisch wissen, wie sich jeder Handel steuerlich auswirkt – in Echtzeit.

Dahinter steht ein junges Gründerteam mit ehrgeizigem Plan: Moritz Kuder (30), Yash Gadiya (31) und Kirill Luzhnov (35). Ihr Ziel: Steuern so einfach und integriert machen, wie es Upvest bei der Geldanlage vorgemacht hat.

AnyTax - Making tax accessible for anyone

Eine Million Euro für den Start

Finanziell ist der Anfang gemacht. Wie Finance Forward berichtet, hat AnyTax eine Seed-Finanzierung über eine Million Euro abgeschlossen. Mit an Bord: IBB Ventures, Heartfelt und BLACKVRST Equity – dazu mehrere bekannte Business Angels.

Unter ihnen der N26-Aufsichtsratschef Peter Kleinschmidt und sevDesk-Gründer Marco Reinbold. Für ein junges Fintech ohne fertiges Produkt ist das ein Vertrauensbeweis.

„Wir wollen die Steuerlogik dorthin bringen, wo Finanzentscheidungen ohnehin getroffen werden – in die Banking- und Investment-Apps“, sagt Mitgründer Kuder.

Ein Steuerbaukasten für die Finanzbranche

Technisch soll AnyTax als API-Schnittstelle funktionieren, die sich in bestehende Anwendungen integrieren lässt. Finanzinstitute, Trading-Apps oder Multibanking-Plattformen können damit Steuerfunktionen direkt in ihre Services einbetten – ohne selbst komplexe Steuerlogik oder Compliance-Infrastruktur entwickeln zu müssen.

Das Spektrum reicht von automatisierten Steuererklärungen über Steuerprojektionen bis zu tagesaktuellen Steuerplanungen. Alle Daten werden über Open-Banking-Schnittstellen verknüpft, steuerrelevante Transaktionen automatisch erkannt und laufend berechnet.

Was das bedeutet: Ein Nutzer könnte etwa in seiner Investment-App sofort sehen, welche Steuerlast ein ETF-Verkauf oder Dividendenzufluss verursacht – und wie sich das auf seine Jahressteuer auswirkt.

Erste Pilotkunden – und ehrgeizige Ziele

Ganz Theorie ist das nicht mehr. Laut den Gründern nutzen erste Partner bereits die Technologie. Die Lern-App Beatvest erlaubt Nutzern, Steuererstattungen zu simulieren. Eine digitale Steuerberatungskanzlei baut mit AnyTax derzeit eine eigene Steuerlösung auf.

Damit testet das Start-up gleich zwei Zielgruppen: Endnutzer über B2B2C-Modelle – und professionelle Kanzleien, die ihre Prozesse digitalisieren wollen.

Ein Markt im Entstehen

Der Markt für integrierte Steuertechnologien steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Während in den USA und Kanada Anbieter wie Tight, April oder CloudTax bereits White-Label-Modelle für Fintechs liefern, gibt es hierzulande bislang kaum spezialisierte Player.

Klassische Steuer-Apps wie WISO oder Taxfix konzentrieren sich auf den Endkunden – nicht auf die Finanzbranche als Plattformpartner. AnyTax will diese Lücke schließen: eine unsichtbare Steuerinfrastruktur, die im Hintergrund arbeitet.

„Steuern werden bisher am Ende gedacht – nach dem Investment, nach der Buchung“, sagt Mitgründer Gadiya. „Wir drehen das um. Wir bringen Steuern dorthin, wo sie entstehen.“

Vertrauen durch Komplexität

Die Herausforderung liegt im Detail. Steuerrecht ist kompliziert, volatil und länderspezifisch. Für Banken und Fintechs ist der Einstieg daher riskant – AnyTax will diese Komplexität abfedern.

Das Start-up übernimmt nicht nur die Berechnung, sondern auch die Compliance und Finanzamtsanbindung. Damit könnten Anbieter ihren Kunden erstmals einen vollständig integrierten Steuerprozess bieten – von der Transaktion bis zur Steuererklärung.

Der lange Weg zur europäischen Lösung

Noch steckt das Projekt in der Aufbauphase. Die Gründer wissen, dass sie nicht nur Software verkaufen, sondern Vertrauen. Ihre Vision geht weit über Deutschland hinaus: eine europäische Steuerplattform, die mit unterschiedlichen Systemen kompatibel ist – ein ambitioniertes Vorhaben in einem stark regulierten Umfeld.

Die Nachfrage ist da: Finanz-Start-ups, Banken und Neobroker suchen nach Wegen, Mehrwertdienste anzubieten, die über den reinen Handel hinausgehen. Steuertransparenz in Echtzeit könnte einer davon sein.

Ein unsichtbarer Hebel mit großem Potenzial

AnyTax hat kein Produkt für Steuerzahler, sondern für die Infrastruktur der Finanzwelt – und trifft damit einen Nerv. Wer digitale Geldanlagen mit steuerlicher Intelligenz kombiniert, schafft ein Stück Effizienz, das bisher fehlte.

Das junge Team will Steuern aus der Schublade der lästigen Pflichterklärung holen – und in die digitale Finanzwelt integrieren. Wenn das gelingt, könnte Berlin bald ein weiteres Fintech haben, das international Maßstäbe setzt.

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