Die scheinbar revolutionäre Zukunft digitaler Zahlungsmittel, die sogenannten Stablecoins, muss wohl noch auf sich warten lassen. Ein aktueller Report, entwickelt von Visa in Zusammenarbeit mit Allium Labs, deckt auf, dass mehr als 90% des Transaktionsvolumens von Stablecoins nicht auf authentische Nutzeraktivitäten zurückzuführen sind. Eine Analyse des organischen Zahlungsverkehrs, der im April rund 2,2 Billionen Dollar umfasste, ergab, dass lediglich 149 Milliarden Dollar von tatsächlichen Verbrauchertransaktionen stammten.
Damit wird die Argumentation von Befürwortern der Stablecoins, die eine rasante Umgestaltung der 150 Billionen Dollar schweren Zahlungsverkehrsindustrie prophezeien, erheblich erschüttert. Technologieriesen wie PayPal und Stripe arbeiten bereits an der Integration von Stablecoins. Stripe-Mitbegründer John Collison verkündete im April eine positive Haltung gegenüber den Tokens, basierend auf "technischen Verbesserungen".
Visas Analyse lässt jedoch Zweifel an der gegenwärtigen Relevanz der Stablecoins als Zahlungsmittel aufkommen. "Stablecoins befinden sich noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung als Zahlungsinstrument", äußert Pranav Sood, oberster Manager für EMEA des Zahlungsdienstleisters Airwallex. Trotz langfristiger Potenzialität sei kurz- bis mittelfristig die Verbesserung bestehender Zahlungssysteme vorrangig.
Die Messung realer Krypto-Aktivitäten stellt Fachleute immer wieder vor Herausforderungen. Glassnode schätzte beispielsweise das Rekordvolumen der Kryptowährungen im Bullenmarkt 2021 auf etwa 875 Milliarden Dollar – ein deutlicher Unterschied zu den offiziellen 3 Billionen Dollar. Zudem kann es bei der Nutzung verschiedener Plattformen zu einer doppelten Zählung von Transaktionen kommen, wie Cuy Sheffield, Visas Abteilungsleiter für Kryptowährungen, am Beispiel des Tausches von Stablecoin USD bei Uniswap erklärte.
Während Bernstein-Analysten für 2028 ein Anwachsen des Gesamtwerts aller Stablecoins auf 2,8 Billionen Dollar prognostizieren, steht Visa selbst in der Gefahrenzone, sollte sich das digitale Zahlungsmittel durchsetzen. Im letzten Jahr verarbeitete das Unternehmen Transaktionen im Wert von über 12 Billionen Dollar.
Trotz eines niedrigen und nahezu kostenfreien Transferaufwands durch Stablecoins, sieht Sood bei Airwallex nur eine zurückhaltende Kundennachfrage nach entsprechenden Zahlungslösungen. Als Barrieren nennt er vor allem geringe Nutzerfreundlichkeit und Erinnerungen an traditionellere Zahlungsformen: "In den USA werden 40% bis 60% der Geschäftszahlungen immer noch mit Schecks getätigt, was die tatsächliche technologische Adaption verdeutlicht."