Bremsspuren in Beton gegossen
Die Bauwirtschaft kommt nicht in Fahrt. Besonders in China, einst Wachstumsmotor der Branche, herrscht Flaute. Der Bauchemiekonzern Sika bekommt das direkt zu spüren: Die Umsätze sanken in den ersten neun Monaten auf 8,58 Milliarden Franken – nach 8,91 Milliarden im Vorjahr. Währungsabwertungen und ein zweistelliger Einbruch im chinesischen Bausektor ließen die Geschäfte ins Stocken geraten.

Umbau unter Druck
Das Management zieht die Reißleine. Bis zu 1.500 Stellen sollen weltweit wegfallen, vor allem in Regionen mit schwacher Nachfrage. Die Restrukturierung ist Teil eines Effizienzprogramms, das die Organisation verschlanken und Prozesse vereinfachen soll.
Für 2025 erwartet Sika Einmalkosten zwischen 80 und 100 Millionen Franken. „Wir müssen uns an eine veränderte Marktlandschaft anpassen“, heißt es aus Konzernkreisen.
Stabil in Franken, zäh in Yuan
In Lokalwährungen legte Sika zwar leicht zu – um 1,1 Prozent –, doch der Währungseffekt macht den Fortschritt zunichte. Vor allem der chinesische Markt entwickelt sich vom Hoffnungsträger zum Problemfall.
Die Krise am Immobiliensektor, hohe Schuldenstände und sinkende Bautätigkeit drücken die Nachfrage nach Dichtstoffen, Mörtel und Spezialchemie. Auch in anderen Regionen wie Europa zeigen steigende Zinsen und Baukosten Wirkung.
Sparprogramm mit Risiko
Mit dem geplanten Stellenabbau will Sika die Kostenbasis dauerhaft senken. Gleichzeitig soll der Fokus stärker auf margenstarke Produkte und Wachstumsmärkte gelegt werden – etwa Infrastrukturprojekte in Nordamerika oder nachhaltige Baustoffe.
Doch die Restrukturierung ist teuer: Kurzfristig belasten die Umbaukosten das Ergebnis. Erst 2026 dürften sich die Einsparungen in der Bilanz niederschlagen.

Strategie zwischen Sparkurs und Wachstum
Trotz der Delle bleibt der Konzern zuversichtlich. Für 2025 hält Sika an seiner Prognose fest und rechnet mit einem Umsatzplus von drei bis sechs Prozent in Lokalwährungen.
Mittelfristig will das Management an die zweistelligen Margen vergangener Jahre anknüpfen. Analysten bleiben vorsichtig:
„Sika ist solide aufgestellt, aber das China-Problem wird bleiben“, heißt es bei der Zürcher Kantonalbank.
Globaler Spagat
Sika beschäftigt weltweit rund 34.000 Mitarbeiter, davon viele in Asien. Der Stellenabbau dürfte daher nicht überall gleich stark zu spüren sein. In der Schweiz rechnet man mit moderateren Anpassungen, während in China und Europa Produktionsstandorte auf dem Prüfstand stehen.
Starker Konzern, schwacher Markt
Sika bleibt einer der größten Player im globalen Baustoffgeschäft – mit Marken wie Sikadur oder SikaGrout, die weltweit auf Baustellen eingesetzt werden. Doch selbst Marktführer sind nicht immun gegen die globale Baukrise. Der Konzern muss sich neu erfinden, bevor die Schwäche zum Strukturproblem wird.
Betonfest, aber nicht unerschütterlich
Sika galt lange als Synonym für Stabilität und Innovationskraft im Bau. Doch jetzt zeigt sich, wie empfindlich selbst robuste Geschäftsmodelle auf globale Nachfrageeinbrüche reagieren. Der Umbau ist kein Schritt aus Stärke, sondern aus Notwendigkeit – und der wahre Test steht noch bevor: Kann Sika in einem schwachen Markt wieder wachsen, ohne seine Substanz zu verlieren?


