Kühler Empfang an der Börse
Eine Übernahme, ein Alzheimer-Wirkstoff, ein Milliardenmarkt – doch der Kurs der Sanofi-Aktie rührt sich kaum. Gerade einmal 0,1 Prozent gibt das Papier nach der Meldung nach.

Für den französischen Pharmariesen mag der Deal strategisch bedeutsam sein – der Kapitalmarkt zeigt sich weitgehend unbeeindruckt. Kein Kursfeuerwerk, keine Euphorie, nicht einmal nervöse Unruhe.
470 Millionen für ein Experiment
Sanofi übernimmt das US-Biotechunternehmen Vigil Neuroscience für einen fixen Kaufpreis von 470 Millionen US-Dollar. Sollte sich das experimentelle Alzheimer-Medikament VG-3927 als marktreif erweisen und eine kommerzielle Zulassung innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens erhalten, könnte der Gesamtpreis auf bis zu 600 Millionen Dollar ansteigen – inklusive Earn-out-Komponenten von weiteren 2 Dollar je Aktie.
Ein Wagnis mit Vorgeschichte
Bereits 2023 hatte sich Sanofi mit einer strategischen Beteiligung von 40 Millionen Dollar bei Vigil eingekauft. Der jetzige Schritt wirkt wie eine Fortsetzung dieser Wette – diesmal auf das volle Risiko. Denn: VG-3927 befindet sich in einem frühen Entwicklungsstadium.
Weder Phase-II- noch Phase-III-Daten liegen vor. Der Wirkstoff zielt auf das sogenannte TREM2-Signalweg im Gehirn – ein Ansatz, der in der Alzheimer-Forschung zunehmend Beachtung findet, bisher jedoch keine marktfähigen Medikamente hervorgebracht hat.
Ein Milliardenmarkt, der enttäuscht
Der Markt für Alzheimer-Medikamente ist gewaltig – und zugleich ein Minenfeld. Pharma-Giganten wie Biogen, Roche und Eli Lilly haben in den vergangenen Jahren Milliarden investiert, klinische Rückschläge inklusive. Zwar hat die US-Arzneimittelbehörde FDA zuletzt einige Wirkstoffe zugelassen, doch die kommerzielle Entfaltung bleibt holprig.
Hohe Entwicklungskosten, unzureichende Wirksamkeit, starke Nebenwirkungen und regulatorische Unsicherheiten erschweren den Weg zur Profitabilität.
Sanofi sucht Profil im Wachstumsmarkt
Für Sanofi ist der Kauf auch ein Zeichen strategischer Neuausrichtung. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit eher durch konservative Forschung und Produktpflege überzeugt.
Doch im Wettbewerb mit forschungsstarken Rivalen wie Novartis oder AstraZeneca will Sanofi nun auch im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen sichtbarer werden. Mit der Übernahme von Vigil steigt der Konzern tiefer in das Hochrisikogeschäft der Alzheimer-Forschung ein – ein Feld, das bislang eher Hoffnung verkauft als Heilung.
Keine Auswirkungen auf den Ausblick
Sanofi betont, dass die Transaktion keinen Einfluss auf den aktuellen Finanzausblick des Konzerns habe. Der Abschluss des Deals ist für das dritte Quartal 2025 geplant. Analysten bleiben abwartend.
Die Unternehmensstrategie sei nachvollziehbar, die Bewertung des Ziels allerdings ambitioniert, heißt es.
„Für eine Substanz ohne belastbare klinische Daten so tief in die Tasche zu greifen, ist mutig“, kommentiert ein Analyst einer französischen Großbank gegenüber InvestmentWeek. „Aber das ist eben das Spiel in der Alzheimer-Forschung.“
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