Vom Sorgenkind zum Star des DAX
Noch vor einem Jahr war die RWE-Aktie für viele Investoren ein Langweiler. 28 Euro, stagnierende Kurse, ein volatiler Energiemarkt. Heute steht das Papier bei über 40 Euro – und zählt zu den größten Gewinnern im DAX. Seit Jahresbeginn hat der Titel um mehr als 40 Prozent zugelegt.
Ein Sprung, der selbst Branchenkenner überrascht. Während Konkurrenten wie E.ON oder Ørsted mit regulatorischem Druck kämpfen, profitiert RWE von einer geschickten Neuausrichtung. Die Transformation vom klassischen Versorger zum globalen Player im Bereich erneuerbare Energien trägt endlich Früchte.
Analysten euphorisch – neue Kursziele über 45 Euro
Auslöser für den jüngsten Kurssprung war eine Einschätzung der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas. Analyst Harry Wyburd hat die Aktie von „Neutral“ auf „Outperform“ hochgestuft – und das Kursziel deutlich angehoben: von 36,40 auf 45,70 Euro.
Wyburd räumt ein, den ersten Teil der Rally „verpasst“ zu haben, sieht aber weiterhin erhebliches Potenzial. Seine Begründung: steigende Nachfrage nach Strom in den USA, sinkende Finanzierungskosten in Europa und wachsende Renditen aus Offshore-Windprojekten ab 2026.
Auch HSBC schloss sich der positiven Einschätzung an und erhöhte das Kursziel auf 44 Euro. Damit ist RWE derzeit einer der meistempfohlenen Titel im europäischen Energiesektor.
Rückenwind von beiden Seiten des Atlantiks
Was RWE derzeit so stark macht, ist die ungewöhnliche Kombination aus transatlantischem Wachstum und europäischer Stabilität. In den USA profitiert das Unternehmen vom massiven Ausbau der Stromnetze und vom „Inflation Reduction Act“, der Investitionen in saubere Energie steuerlich fördert.
In Europa hingegen sichern Offshore-Windparks – insbesondere in der Nordsee und vor der britischen Küste – langfristige Einnahmen. RWE investiert hier Milliarden, um sich in der Spitzengruppe zu etablieren. Ab 2026 sollen mehrere Großprojekte in Betrieb gehen, die laut Analysten „eine neue Cashflow-Ära“ einleiten könnten.
Zudem zeigt sich der Konzern bei seinen Gas- und Wasserstoffprojekten überraschend agil. Während viele Wettbewerber noch Strategiepapiere schreiben, baut RWE bereits.

Charttechnisch kurz vor dem Durchbruch
Mit dem Sprung über die Marke von 40 Euro hat die Aktie ein wichtiges Signal gesendet. Nächste Hürde: das Hoch aus dem Jahr 2022 bei 43,97 Euro. Sollte RWE diese Marke überschreiten, wäre das aus charttechnischer Sicht ein neues Kaufsignal.
Die Unterstützung liegt derzeit bei rund 37,80 Euro – ein Niveau, das der Kurs zuletzt mehrfach erfolgreich verteidigte. Kurzfristig gilt das Momentum als stark, mittelfristig sehen Analysten den Weg frei für Kurse jenseits der 45 Euro.
Die Strategie zahlt sich aus
Während andere Energieunternehmen zwischen Klimazielen, Bürokratie und Kostendruck taumeln, hat RWE frühzeitig auf Expansion gesetzt. Inzwischen kontrolliert der Konzern mehr als 10 Gigawatt installierte Windleistung weltweit – und baut die Pipeline weiter aus.
Gleichzeitig hat RWE sich vom volatilen Kohlegeschäft weitgehend verabschiedet, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Das Ergebnis: ein profitabler Mix aus erneuerbarer Energie und Handel, der sich auch in den Zahlen niederschlägt.
Ein neuer Riese im grünen Gewand
Der Konzern hat sich leise, aber konsequent vom traditionellen Versorger zum Technologieunternehmen im Energiesektor entwickelt. RWE betreibt heute eigene Speicherlösungen, digitale Netzsteuerungssysteme und zählt zu den größten Anbietern von Offshore-Windkapazitäten in Europa.
Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten setzt RWE nicht allein auf politische Förderung, sondern auf Wirtschaftlichkeit durch Skaleneffekte. Der Konzern verdient wieder Geld mit Energie – und das nachhaltig.
Fazit
RWE hat sich 2025 endgültig neu erfunden. Die Aktie ist kein defensives Basisinvestment mehr, sondern ein Wachstumswert mit grüner Substanz. Anleger, die auf den Umbau der Energiebranche setzen, finden hier derzeit eine der überzeugendsten Geschichten im DAX.
Wenn die Prognosen eintreffen, steht der nächste Aufwärtsschub schon bevor – und die alte Energiebranche bekommt einen neuen, ungewohnt dynamischen Anführer.
