Wenn es nach den aktuellen Einschätzungen des estnischen Auslandsnachrichtendienstes geht, bereitet sich Russland auf eine ausgedehnte militärische Auseinandersetzung mit dem Westen vor. Dies sei das klare Signal, das von der jüngsten russischen Militärreform ausgeht. Diese Anpassungen reflektieren die Anforderungen, die Russland im Zuge des Konflikts in der Ukraine und der möglichen langfristigen Konfrontation mit westlichen Alliierten als notwendig erachtet.
Laut dem Jahresbericht des Geheimdienstes ist davon auszugehen, dass die NATO innerhalb des nächsten Jahrzehnts mit einer Streitmacht konfrontiert sein könnte, die - obwohl technisch weniger fortgeschritten - aufgrund ihrer schieren Größe, Feuerkraft und Reserven eine erhebliche Bedrohung darstellt. Der Chef des Dienstes, Kaupo Rosin, betont die Dringlichkeit, dass die Armeen und die Verteidigungsindustrie der NATO-Partner besser vorbereitet und ausgerüstet sein müssen, um einer solchen Herausforderung wirksam begegnen zu können.
Der Blick des baltischen Staates Estland richtet sich dabei insbesondere auf die nächste Zukunft, in der eine signifikante Erhöhung der russischen Streitkräfte entlang seiner Grenzen erwartet wird. Ein ähnliches Bild zeigt sich für Finnland und die anderen baltischen Länder, gegen die Russland nach Einschätzung des estnischen Geheimdienstes eine militärische Dominanz im Ostseeraum anstrebt. Trotz der verstärkten militärischen Aktivitäten stuft Rosin das Risiko eines direkten Angriffs auf Estland dieses Jahr als gering ein.
Der Hintergrund für diese Entwicklungen bildet der vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu Ende 2022 angekündigte Umbau der Armee. Es ist ein umfassender Prozess, der eine Erhöhung der Truppenstärke sowie eine Stärkung der Kampffähigkeiten von Flotte, Luftwaffe und Raketenstreitkräften vorsieht und zwischen 2023 und 2026 abgeschlossen werden soll.