Der britische Online-Modehändler Boohoo hat seine US-Expansionspläne abrupt gestoppt und sein Lager in Pennsylvania geschlossen. Dies geschah weniger als ein Jahr nach dessen Eröffnung, die als „bahnbrechend“ für den Eintritt in den amerikanischen Markt gefeiert wurde. Dieser Rückzug könnte einen finanziellen Verlust von über 40 Millionen Pfund zur Folge haben und führte bereits zu einem Kursrückgang der Boohoo-Aktie um mehr als 2 Prozent auf unter 28 Pence.
Boohoo wird künftig die Bestellungen für US-Kunden wieder aus Sheffield in South Yorkshire abwickeln. Dieser Schritt wird als bedeutender Rückschlag für die internationalen Wachstumsambitionen des Unternehmens gewertet. CEO John Lyttle hatte die nun geschlossene Anlage als „game-changer“ beschrieben, da sie die Lieferzeiten für US-Kunden drastisch verkürzen und ein breiteres Produktsortiment zugänglich machen sollte.
Analysten führen enttäuschende Verkaufszahlen als Grund für diesen Rückzug an. Katie Cousins von Shore Capital sprach von einem „verspielten Vertrauen“ in den amerikanischen Markt und einem „Verschwendung von Zeit und Ressourcen“. Die einst so vielversprechende Anlage sei nun besorgniserregend, vor allem, da das Unternehmen in Amerika trotz erheblicher Investitionen nicht wie geplant Fuß fassen konnte.
Eine Verkaufszahlenanalyse der letzten drei Jahre hatte ursprünglich Wachstum im zweistelligen Bereich vorhergesagt, als der Umsatz in den USA noch 450 Millionen Pfund pro Jahr betrug. Heute allerdings sind die gesteckten Ziele offenbar weit verfehlt. Ein Einzelhandelsberater sieht dies sogar als möglichen Anfang vom Ende für Boohoo in den USA, während ein Insider des Unternehmens beteuert, dass dies keineswegs ein Ausdruck des vollständigen Rückzugs aus dem amerikanischen Markt sei.
Der finanzielle Schaden durch den Rückzug aus dem Lager in Pennsylvania beläuft sich Schätzungen zufolge auf über 40 Millionen Pfund, darunter eine 6 Millionen Pfund hohe Abschreibung auf den Pachtvertrag und 34 Millionen Pfund an investiertem Kapital. Zusätzlich werden einmalige außergewöhnliche Kosten im mittleren einstelligen Millionenbereich erwartet.
Boohoo, zusammen mit Asos einst einer der großen Nutznießer des Online-Shopping-Booms während der Pandemie, sieht sich nun mit Lieferkettenproblemen, einer Rückgabewelle und intensiver Konkurrenz aus China, etwa durch Shein und Temu, konfrontiert. Erst kürzlich berichtete The Telegraph, Boohoo erwäge den Verkauf seines Bürogebäudes im Londoner Stadtteil Soho für 72 Millionen Pfund.
Das Unternehmen führte zuletzt Verhandlungen mit seinen Kreditgebern, da es den gesamten ungesicherten Überziehungskredit von 325 Millionen Pfund in Anspruch genommen hat, der in zwei Raten über die nächsten 18 Monate zurückgezahlt werden muss. Boohoo betont weiterhin die Chancen auf dem US-Markt und verweist auf alternative Pläne, Kunden dort zu erreichen, einschließlich der Einführung der Marke Nasty Gal in Nordstrom-Filialen.