Friedrich Merz, der Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union (CDU), sieht sich auf seinem Weg ins Kanzleramt einem unerwarteten Rückschlag gegenüber. Im Bundestag ist er im ersten Wahlgang gescheitert, was in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bislang ohne Beispiel ist. Noch nie zuvor hat ein designierter Kanzler, nach einer erfolgreichen Koalitionsvereinbarung, die entscheidende Abstimmung verloren. Trotz dieser unerwarteten Entwicklung setzen die Union sowie die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) unbeirrt ihren Kurs der Unterstützung für Merz fort und bereiten sich auf einen am Nachmittag angesetzten zweiten Wahlgang vor.
Bei der Verkündung des Wahlergebnisses waren Merz' Ehefrau Charlotte und seine Töchter anwesend, als er nur 310 von 621 abgegebenen Stimmen erhielt. Damit verfehlte er die erforderliche Mehrheit von 316 Stimmen. Die beiden Koalitionsfraktionen – CDU/CSU und SPD – besitzen gemeinsam jedoch 328 Sitze im Bundestag, was das enttäuschende Ergebnis umso überraschender machte. Der geschäftsführende Kanzler Olaf Scholz bleibt daher vorerst im Amt, während die Zukunftspläne von Merz in einer Schwebe verharren.
Es bleibt unklar, wer die Verantwortung für dieses Scheitern trägt. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil versicherte, dass die SPD geschlossen hinter Merz gestanden habe, doch die geheime Abstimmung bietet Raum für Spekulationen. Zudem könnten Merz' frühere Standpunkte zu Themen wie der Schuldenbremse und Verteidigungsausgaben zu Unzufriedenheit innerhalb der eigenen Reihen geführt haben. Angesichts der unsicheren politischen Lage mahnte der CSU-Vorsitzende Markus Söder eindringlich zur Einheit und Geschlossenheit der Koalitionspartner.
Vor dem zweiten Wahlgang bemüht sich die Union intensiv um Unterstützung und appelliert an das Verantwortungsbewusstsein der Parlamentarier. Der Ausgang dieser erneuten Abstimmung wird mit großer Spannung erwartet, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Ob Merz seine geplante diplomatische Reise nach Paris und Warschau in Angriff nehmen kann, wird sich erst noch zeigen.