SMRs treiben die Aktie an neue Höchststände
Rolls-Royce notiert auf Rekordniveau. In dieser Woche erreichte die Aktie 912,60 Britische Pfund – der höchste Stand in der Unternehmensgeschichte. Es sind nicht Triebwerke oder Flugzeugtechnik, die den Kurs aktuell befeuern, sondern ein Bereich, der für viele Anleger neu sein dürfte: Atomkraft.
Der britische Traditionskonzern hat den Zuschlag erhalten, die ersten kleinen modularen Atomreaktoren (SMRs) Großbritanniens zu bauen. Nach einem zweijährigen Auswahlprozess setzte sich Rolls-Royce gegen Konkurrenten wie GE-Hitachi und Holtec International durch.
Der politische Rückenwind ist deutlich: Bereits 2021 hatte die britische Regierung das Projekt mit 210 Millionen Pfund gefördert.
Milliardenauftrag für ein milliardenschweres Zukunftsprojekt
Nun folgt die nächste Ausbaustufe. Gemeinsam mit der Regierung plant Rolls-Royce zunächst den Bau von drei SMR-Anlagen bis in die 2030er Jahre. Bis 2029 sollen 2,5 Milliarden Pfund investiert werden. Sobald der Bau beginnt, dürften weitere staatliche Mittel folgen.
Die britische Regierung verfolgt das Ziel, eine internationale Führungsrolle in der Nukleartechnologie einzunehmen – mit Rolls-Royce als Schlüsselakteur.
SMRs gelten als flexibler und günstiger als klassische Großkraftwerke. Sie lassen sich schneller errichten, benötigen weniger Fläche und könnten dezentral Energie liefern. Besonders attraktiv erscheint das Konzept für abgelegene Industriegebiete, Militärstützpunkte und – zunehmend – Rechenzentren großer Tech-Konzerne.
Ein Markt mit gigantischem Potenzial
Die Internationale Energieagentur taxiert den globalen SMR-Markt bis 2050 auf rund 500 Milliarden Pfund. Technologiekonzerne wie Google, Amazon und Meta signalisieren bereits Interesse – nicht zuletzt, um ihre stromhungrigen Rechenzentren klimaneutral zu versorgen.
Doch bislang existieren weltweit kaum kommerzielle SMR-Anlagen im Dauerbetrieb. Die Technologie ist erprobt, aber der Übergang in den industriellen Maßstab steht erst am Anfang.
Für Rolls-Royce ist der Einstieg eine strategische Diversifikation. Das Unternehmen positioniert sich damit jenseits des zyklischen Luftfahrt- und Rüstungsgeschäfts in einem politisch geförderten Wachstumssektor. Gleichzeitig trägt der Staat einen großen Teil des Anfangsrisikos.
Anleger reagieren euphorisch
An der Börse wird der neue Wachstumspfad gefeiert. Allein in den vergangenen fünf Wochen legte die Aktie über 27 Prozent zu. Auch spekulative Papiere profitieren: So notiert der Call-Optionsschein (WKN: MK4FBV), der vom Börsenmagazin „Der Aktionär“ vor wenigen Wochen empfohlen wurde, bereits deutlich im Plus. Analysten sehen weiteres Kurspotenzial von über 40 Prozent.
Doch bei aller Euphorie sollten Anleger die Risiken nicht übersehen. SMRs sind ein politisch getriebener Zukunftsmarkt mit regulatorischen Unsicherheiten, langen Genehmigungsphasen und hohen Vorabinvestitionen.
Ob sich das Geschäftsmodell im großen Stil global ausrollen lässt, wird sich erst im kommenden Jahrzehnt zeigen.
Rolls-Royce setzt auf Atomkraft
Bemerkenswert ist auch die strategische Abgrenzung: Während viele Industriekonzerne auf Wasserstofftechnologien oder Batterieinfrastruktur setzen, positioniert sich Rolls-Royce in einem Sektor, der lange als Auslaufmodell galt.
Die Renaissance der Kernkraft – politisch lange tabuisiert – erlebt angesichts wachsender Energieknappheit und Klimaziele derzeit eine stille Wiederauferstehung.
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