Trumps Preisoffensive trifft Schweizer Pläne
Die Liste der geplanten Investitionen war eindrucksvoll: 50 Milliarden US-Dollar wollte Roche in den kommenden fünf Jahren in den Vereinigten Staaten investieren – in neue Werke, Labore, Forschungseinrichtungen.
Doch nun droht das Vorhaben zu kippen. Der Grund: US-Präsident Donald Trump will die Medikamentenpreise in den USA deutlich senken – notfalls per Dekret.
Das macht auch dem Basler Pharmakonzern einen Strich durch die Rechnung. Roche prüft laut eigener Aussage, ob die angekündigten Milliarden noch sinnvoll eingesetzt wären.
Wunsch nach Goodwill – und die Realität
Roche ist mit dem Problem nicht allein. Auch Novartis hatte erst vor wenigen Wochen ein ähnlich großes Engagement angekündigt – 23 Milliarden Dollar will der zweite große Pharmakonzern aus der Schweiz in den USA investieren.
Beide Unternehmen hatten nicht nur wirtschaftliche Ziele im Blick, sondern auch politische. In Washington gut dazustehen, etwa bei künftigen Zollverhandlungen oder regulatorischen Verfahren, schien klug. Doch nun scheint sich das politische Kalkül gegen sie zu wenden.
Executive Order: Die USA greifen durch
Was die Konzerne verunsichert, ist ein politischer Schwenk mit potenziell weitreichenden Folgen: Trumps Regierung plant, Medikamentenpreise künftig direkt mit der Industrie auszuhandeln – ein Bruch mit der bisherigen Linie.
Schon in den nächsten 30 Tagen soll das Gesundheitsministerium eine Liste mit „fairen“ Richtpreisen veröffentlichen. Innerhalb von 180 Tagen sollen Gespräche mit der Pharmaindustrie starten.
Der politische Druck ist enorm – und die Signalwirkung eindeutig: Wer sich querstellt, riskiert Reputationsschäden und Gesetzesverschärfungen.
Roche reagiert ungewöhnlich deutlich
Normalerweise äußert sich Roche diplomatisch, wenn es um politische Risiken geht. Diesmal nicht. Eine Sprecherin des Unternehmens sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP:
„Sollte die vorgeschlagene Executive Order in Kraft treten, kämen die von uns zuvor angekündigten erheblichen Investitionen in den USA auf den Prüfstand.“
Eine Klarheit, die in der Pharmabranche Seltenheitswert hat – und als deutliche Warnung verstanden werden darf.
Ein gefährliches Spiel mit Signalwirkung
Trump will populäre Punkte machen. Der Preis für Medikamente zählt in den USA seit Jahren zu den meistkritisierten Ausgabeposten im Gesundheitssystem. Laut einer Erhebung der Kaiser Family Foundation sagen 79 Prozent der Amerikaner, dass die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente „nicht gerechtfertigt“ seien.
Gleichzeitig zahlen die USA im internationalen Vergleich mit die höchsten Preise für dieselben Wirkstoffe. Trumps Ziel ist klar: Er will sich als Präsident des Volkes inszenieren, der sich mit „Big Pharma“ anlegt. Dass dabei internationale Konzerne wie Roche oder Novartis auf der Strecke bleiben könnten, wird in Kauf genommen.
Die wirtschaftliche Logik gerät ins Wanken
Für Roche steht viel auf dem Spiel. Die USA sind der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt für den Konzern. Rund 45 Prozent des Umsatzes wurden 2024 in den Vereinigten Staaten erzielt.
Investitionen in neue Werke dort sind nicht nur Wachstumsmotor, sondern auch Teil einer Strategie, Nähe zu Kunden und Behörden zu schaffen. Doch wenn das Margenniveau sinkt – und das ist mit einer staatlich diktierten Preisuntergrenze wahrscheinlich – wird jeder Dollar an Investitionen neu kalkuliert.
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Standort Europa bleibt zurückhaltend
Spannend ist dabei auch die europäische Perspektive. Während die Schweiz auf großem Fuß in den USA investiert, bleiben vergleichbare Projekte in Europa überschaubar.
Auch das spricht für die Brisanz der aktuellen Entwicklung. Sollten Roche und Novartis ihre US-Projekte einfrieren, könnten Investitionen entweder ganz ausbleiben – oder in alternative Regionen verlagert werden. Europa würde dabei kaum profitieren, denn hier gelten ohnehin strengere Preisregelungen.
Eine Branche in Alarmbereitschaft
Roche ist vermutlich nur der erste große Konzern, der öffentlich Zweifel anmeldet. Hinter den Kulissen dürfte die Nervosität groß sein – auch bei US-Pharmariesen wie Pfizer, Johnson & Johnson oder Merck.
Wenn die US-Regierung Preiskürzungen durchsetzt, geraten die Gewinnspannen der gesamten Branche unter Druck. Analysten gehen bereits davon aus, dass neue Bewertungsmodelle für viele Hersteller nötig werden.
Marktreaktion folgt prompt
Die Roche-Aktie reagierte am Dienstag leicht negativ auf die Nachrichtenlage. Zwar ist der Rücksetzer im historischen Vergleich moderat, doch Analysten sehen in der aktuellen Unsicherheit ein strukturelles Risiko.
Sollte sich das politische Umfeld in den USA grundlegend wandeln, könnte dies mittelfristig auch strategische Geschäftsbereiche treffen – von der Biotechnologie bis zur Onkologie.
Investitionen mit Verfallsdatum
Trumps Preisoffensive ist mehr als Wahlkampfgetöse. Sie könnte die Regeln im weltgrößten Pharmamarkt nachhaltig verändern. Für Roche wird aus einem politischen Risiko nun ein handfester Geschäftsfall.
Ob das Unternehmen seine Milliardenpläne tatsächlich aufgibt, ist noch offen. Aber schon jetzt zeigt sich: Politische Planbarkeit wird für internationale Konzerne immer mehr zur strategischen Herausforderung – auch in Demokratien.
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