04. Oktober, 2025

Unternehmen

Robinhood will den Private-Market knacken, doch Experten warnen

Mit tokenisierten Beteiligungen an Firmen wie OpenAI will Robinhood Kleinanlegern Zugang zu privaten Märkten verschaffen. Was als Demokratisierung verkauft wird, wirft Fragen zur Transparenz, Sicherheit – und Seriosität auf.

Robinhood will den Private-Market knacken, doch Experten warnen
Der Boom um nicht-börsennotierte KI-Firmen wie OpenAI heizt die Nachfrage an – doch Kleinanleger erhalten über Robinhood keine Unternehmensanteile, sondern ein digitales Derivat.

Robinhoods riskanter Plan

Es ist ein Versprechen, das wie gemacht ist für die Generation Reddit: Zugang zu den Deals, die bisher nur den Großen vorbehalten waren. OpenAI, SpaceX, Anthropic – milliardenschwere Hoffnungsträger der Tech-Zukunft, bislang nur auf Einladungsliste. Robinhood will das ändern.

Quelle: Eulerpool

Der Neobroker, der mit provisionsfreiem Handel einst den Markt aufmischte, testet seit Kurzem eine neue Funktion: Europäische Nutzer können Token kaufen, die angeblich ein wirtschaftliches Engagement in privaten Unternehmen wie OpenAI ermöglichen. Kein direkter Anteil, keine Aktie – sondern ein digitaler Ableger, gebunden an die Bewertung eines Drittanbieters.

„Das ist die größte Chance für Privatanleger seit Jahrzehnten“, sagt Robinhood-Chef Vlad Tenev.

Er meint damit den Zugang zu nicht-börsennotierten Unternehmen, deren Bewertungen in der KI-Rallye explodieren – und von denen Kleinanleger bislang systematisch ausgeschlossen wurden. Doch die Umsetzung wirkt fragil.

Kein Anteil, kein Stimmrecht – nur ein Token

Technisch basiert das neue Robinhood-Produkt auf sogenannten „Private Market Tokens“: digitale Zertifikate, die sich auf die geschätzte Bewertung eines nicht gelisteten Unternehmens beziehen. Eine Beteiligung an OpenAI?

Eher nicht. Es ist ein Konstrukt, das an Derivate erinnert, aber durch Begriffe wie „Token“ modernisiert und verpackt wird.

Dabei ist der Mechanismus weder neu noch unumstritten. Solche Produkte hängen oft von intransparenten Bewertungsmodellen, illiquiden Sekundärmärkten und schwankenden Einschätzungen ab. Selbst OpenAI distanzierte sich öffentlich – und warnte, man sei nicht an dem Token beteiligt, nicht eingebunden und über die Verwendung des Namens nicht informiert worden.

Ein Warnsignal.

Der Preis der Demokratisierung

Tenev hingegen sieht darin einen Fortschritt. Für ihn geht es um „Kapitalmarktgerechtigkeit“. Er vergleicht den Zugang zu privaten Märkten mit dem Internet in den 90er-Jahren – damals exklusiv für Experten, heute allgegenwärtig.

Die Idee klingt verführerisch: Jeder soll an den großen Ideen von morgen teilhaben können. Ohne Fonds, ohne Mindestanlage, direkt über eine App.

Doch während Hedgefonds und Family Offices direkten Zugang, Due Diligence und Exit-Strategien haben, bleiben Robinhood-Nutzer auf Token ohne Klarheit über Rechte, Bewertungsgrundlage oder Liquidität sitzen. Eine illiquide Beteiligung an einem hochriskanten Hype-Thema – verkauft mit der Sprache der Chancengleichheit.

Wall Street riecht das Geld

Dass der Trend real ist, steht außer Frage. JPMorgan, Citi und andere Finanzriesen verstärken ihr Research in nicht-börsennotierten Unternehmen, speziell im Bereich Künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrt und Biotechnologie.

Die Wachstumsraten, Bewertungen und medialen Erzählungen rund um Firmen wie OpenAI und SpaceX befeuern ein neues Segment institutionellen Interesses.

Doch während diese Akteure über Netzwerke, Analystenteams und Exklusivzugänge verfügen, sollen Robinhood-Nutzer mit Token arbeiten, deren wirtschaftlicher Gehalt mehr Fragezeichen als Fundament bietet.

Wem hilft der Hype?

Robinhoods Kurs ist klar: Die Plattform will nicht nur Handels-App, sondern auch Emissionsplattform, Marktplatz und Investmentmaschine sein – für alles, was sich digitalisieren lässt. Tokenisierte Start-up-Beteiligungen sind nur der Anfang. Aber die Grenzen zwischen Innovation und Zockerei verschwimmen.

Die Gefahr: In der Erzählung vom demokratisierten Kapitalmarkt könnten Kleinanleger am Ende diejenigen sein, die das Risiko tragen – ohne Kontrolle, ohne Absicherung, ohne Stimmrecht. Ein Hauch von Wirecard 2.0 – diesmal nur in Tokenform.

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