15. Juli, 2025

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Rheinmetall vor milliardenschwerem Waffendeal – aber nicht zum Höchstpreis

Im Rennen um die Iveco-Verteidigungssparte setzt das Leonardo-Rheinmetall-Bündnis auf politischen Rückenwind statt auf prall gefüllte Kassen. Doch der Deal birgt Tücken – nicht nur geopolitisch.

Rheinmetall vor milliardenschwerem Waffendeal – aber nicht zum Höchstpreis
Kaufen oder sparen? Rheinmetall will strategisch expandieren, scheut aber vor einer überzogenen Bewertung zurück – das Ziel: Technologie statt Masse.

Italien first?

Wenn es nach Giorgia Meloni geht, wird die Verteidigungssparte von Iveco nicht in fremde Hände fallen – schon gar nicht in deutsche oder tschechische. Das Bieterkonsortium Leonardo Rheinmetall Military Vehicles (LRMV) bietet im Vergleich zwar den niedrigsten Preis, bleibt aber dennoch Favorit – aus einem Grund: Leonardo ist mehrheitlich im Staatsbesitz.

Und im geopolitisch aufgeladenen Umfeld Europas reicht das bisweilen, um die ökonomischen Spielregeln auszusetzen.

Denn auch wenn KNDS, das Gemeinschaftsunternehmen von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter, knapp 1,9 Milliarden Euro auf den Tisch legen will, während LRMV mit rund 1,6 Milliarden Euro inklusive Schulden weit darunter liegt – aus Rom sind bereits deutliche Signale zu hören, dass strategische Kontrolle mehr wiegt als maximaler Verkaufserlös.

Bieterschlacht mit eingebauter Schieflage

Der Ausgang des Deals könnte damit weniger an der wirtschaftlichen Logik hängen, sondern an nationaler Prioritätensetzung.

Iveco Defence Vehicles (IDV) produziert unter anderem militärische Lkw, gepanzerte Fahrzeuge wie den „LMV“ (Light Multirole Vehicle) und ist einer der größten Lieferanten für NATO-Länder in Südeuropa.

Ein französisch-deutscher oder osteuropäischer Käufer wäre aus Sicht der Meloni-Regierung ein strategischer Kontrollverlust.

Dass Rheinmetall und Leonardo überhaupt in der Verhandlungs-Endrunde stehen, verdanken sie der politischen Rückendeckung – und wohl auch der Bereitschaft, ihren anfänglich zu niedrigen Preis nach oben zu korrigieren.

Milliardendeal mit Heimvorteil: Die Regierung Meloni will Iveco in italienischer Hand halten – ein strategischer Trumpf für Rheinmetall-Partner Leonardo.

Dass sie bei dieser Anpassung nicht überbieten, sondern „ein faires Angebot“ vorlegen, wie Leonardo-Chef Roberto Cingolani betont, zeigt, dass es um mehr als einen simplen Kauf geht. Es geht um Machtprojektion und wirtschaftliche Einflusszonen.

Rheinmetall: Zur rechten Zeit am rechten Ort

Für Rheinmetall wäre die Akquisition mehr als ein Expansionsschritt. Sie wäre ein geopolitischer Türöffner in Italien – und ein Signal an die europäischen Regierungen, dass der Konzern bereit ist, sich an Allianzen zu binden, wenn sie politischen Mehrwert versprechen.

Während die Aktie kurzfristig unter Gewinnmitnahmen leidet, positioniert sich das Unternehmen strategisch für den nächsten Aufschwung in der Verteidigungsindustrie.

Denn der sogenannte Superzyklus bei Rüstung – getrieben durch Ukrainekrieg, NATO-Aufrüstung und global wachsende Verteidigungshaushalte – hat gerade erst begonnen. Wer heute Produktionskapazitäten und Know-how sichert, profitiert morgen vom Bedarf der westlichen Bündnispartner.

Wert statt Wette

Die Zurückhaltung beim Preis zeigt aber auch: LRMV ist nicht bereit, jedes Risiko zu tragen. Vor allem Rheinmetall als börsennotiertes Unternehmen muss abwägen, ob sich die Akquisition mittel- bis langfristig auszahlt – insbesondere, wenn es sich um ein Geschäft mit vergleichsweise niedriger Marge handelt.

Während Hochtechnologieprodukte wie Artilleriesysteme und autonome Plattformen im Fokus des Konzerns stehen, sind klassische Militärfahrzeuge ein Volumensegment – mit entsprechender Konkurrenz und begrenzter Marge.

Ein Milliardendeal ist schnell gemacht, ein profitabler Deal weit schwieriger.

Showdown in Rom

Der Ball liegt nun bei Iveco – genauer gesagt: bei der italienischen Regierung. Denn bei Transaktionen dieser Größenordnung und Relevanz besitzt der Staat ein Vetorecht, das Investoren wie KNDS oder die tschechische Czechoslovak Group jederzeit aus dem Rennen werfen könnte.

Der politische Spielraum, der der Meloni-Regierung damit offensteht, ist beträchtlich – und könnte dazu führen, dass wirtschaftlich rationalere Angebote scheitern.

Für Rheinmetall ist das ein Glücksfall. Für den Wettbewerb in Europa – und den Steuerzahler, der indirekt für Ineffizienzen aufkommt – ist es das nicht.

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