Echte Führung beginnt nicht im Kopf – sondern mit Haltung
Was macht eine gute Führungskraft aus? Für Steve Huffman, CEO und Mitgründer von Reddit, ist die Antwort verblüffend schlicht: Vertrauen. Ehrlichkeit.
Präsenz. Keine Managerfloskeln, keine KPI-Leitfäden, keine elaborierten Strategiecharts – sondern „ganz grundlegende menschliche Dinge“. So sagt es Huffman im Gespräch mit dem US-Wirtschaftsprofessor und Podcaster Scott Galloway – und trifft damit einen Nerv, nicht nur im Silicon Valley.
„Einfach sagen, was ist“
Huffman zählt nicht zu den schillernden CEOs der Techbranche. Er ist kein Lautsprecher, keiner, der sich mit Buzzwords profiliert. Doch wenn er über Leadership spricht, merkt man: Hier hat jemand selbst erlebt, was passiert, wenn Ideale mit unternehmerischer Realität kollidieren.
„Das Wichtigste ist Ehrlichkeit“, sagt er. Und führt aus: „Was willst du erreichen, warum willst du es erreichen, was funktioniert, was funktioniert nicht, was sind deine Hoffnungen, Ängste – das ist alles einfach sehr grundlegendes Menschliches.“
Die Kunst sei, das auch offen zu sagen – ohne Show, ohne Zuckerguss.
Verletzlichkeit als Führungskraft? Unbedingt.
Für Huffman ist Vertrauen das zentrale Kapital jeder Führungskraft. Und dieses entsteht nicht durch Kontrolle oder Macht – sondern durch Offenheit. Wer Schwächen zugibt, erzeugt Nähe.
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Wer klar benennt, was nicht läuft, statt es mit positiven Narrativen zu übertünchen, schafft Glaubwürdigkeit. Genau das ist es, was Huffman unter Leadership versteht.
„Verletzlichkeit baut Vertrauen auf – und Vertrauen ist die Grundlage für starke Teams“, sagt er. Und fügt trocken hinzu: „Und starke Teams brauchst du, um irgendetwas hinzubekommen.“
Präsenz statt PowerPoint
Ein zweiter Punkt, den Huffman für gute Führung unerlässlich findet: Präsenz. „Einfach auftauchen. Mitarbeiten. Sich kümmern. Ein Teil des Teams sein – auf jeder Ebene.“ Es klingt banal.
Aber gerade in der Techwelt, wo sich Führung häufig hinter Monitoren, Aktienoptionen und „Vision Statements“ verschanzt, ist es alles andere als selbstverständlich.
Werte als Entscheidungshilfe – nicht als Deko
Im Gespräch mit Galloway wird Huffman dann noch konkreter. Etwa bei der Frage, wie man als CEO mit schwierigen Entscheidungen umgeht. Seine Antwort: Werte sind nicht dafür da, um im Intranet zu glänzen. Sondern um angewendet zu werden – gerade dann, wenn es weh tut.
„Wenn du vor einer Entscheidung stehst, versuch sie mit einem deiner Werte zu verbinden. Das ist ihr Zweck“, so Huffman. Sonst seien es eben keine echten Werte, sondern nur PR.
Vom Ideologen zum CEO
Dass Huffman über Führung heute so pragmatisch spricht, hat mit seiner eigenen Geschichte zu tun. Reddit war einst ein Ort des digitalen Idealismus. Als er 2015 nach einer Pause als CEO zurückkehrte, war das Unternehmen zwar groß – aber intern kaum steuerbar.
„Wir waren sehr idealistisch“, sagt Huffman rückblickend. „Teilweise so sehr, dass Leute kaum noch gearbeitet haben.“ Die Haltung damals: Reddit sei kein Business, sondern eine Plattform für die gute Sache. Das klingt edel, ist aber kein tragfähiges Geschäftsmodell.
Huffman erinnert sich, wie er seine Belegschaft aufwecken musste: „Wenn wir nicht hart und klug arbeiten – für die Nutzer und für das Unternehmen –, dann wird das hier nichts. Und dann verlieren wir unsere Mission komplett.“
Kalifornisches Wohlfühldenken unter Druck
Seine Kritik richtet sich dabei nicht nur gegen frühere Reddit-Strukturen, sondern auch gegen eine Kultur, die in der Bay Area weit verbreitet sei: „Ich arbeite bei einer coolen Firma – aber eigentlich bin ich nur für mich hier“, fasst Huffman diese Mentalität zusammen.
Der Aufbruch in den frühen Nullerjahren ist einer neuen Realität gewichen: Wachstum allein reicht nicht mehr. Nutzerzahlen sind kein Selbstzweck. Und gute Führung verlangt mehr als Idealismus.
Ein Kulturwandel in der Techbranche
Was Huffman beschreibt, ist mehr als persönliches Führungsverständnis. Es ist ein Umdenken in der Branche – weg von Dogmen, hin zu Verantwortung. Weg von bloßem Talent, hin zu echter Teamarbeit. Und vielleicht auch ein bisschen weg von Silicon-Valley-Arroganz – hin zu gesundem Menschenverstand.
Reddit selbst steht heute stabiler da als je zuvor. Die Börsenpläne sind konkret, die Nutzerbasis riesig, das Geschäftsmodell profitabel. Doch das Fundament dafür, sagt Huffman, sei nicht Technologie oder Kapital gewesen – sondern ein neuer Führungsstil. Einer, der auf das setzt, was Führung oft vergisst: Menschlichkeit.
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