Wachstum im Schatten des Krieges
Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat gut lachen: 108 Millionen Euro Gewinn nach Steuern – das ist doppelt so viel wie im Vorjahr. Auch operativ läuft es rund: 199 Millionen Euro Ergebnis, ein Zuwachs von 49 Prozent.
In einer Branche, die lange Zeit unter öffentlicher Skepsis stand, jagt derzeit ein Rekord den nächsten. Und Papperger nutzt die Bühne:
„Wir müssen und werden liefern.“
Was sich nach Logistik anhört, ist längst strategisches Selbstverständnis.
Denn Rheinmetall ist auf dem Weg zum globalen Schwergewicht der Rüstungsindustrie – mitten in einer Zeit, in der sich Europa neu bewaffnet, die Nato unter Druck steht und alte Pazifismus-Debatten leiser werden.

Der Krieg als Wachstumstreiber
Die Eskalation in der Ukraine und die verschärfte Sicherheitslage in Osteuropa haben Europas Politik wachgerüttelt. Rüstungsausgaben, lange vernachlässigt, gelten heute als sicherheitspolitische Pflicht.
Was das für die Industrie bedeutet, zeigen die Zahlen: Allein im militärischen Geschäft schoss der Umsatz um 73 Prozent nach oben – ein historischer Wert.
Und: Die derzeit laufenden Haushaltsdebatten in Berlin, Brüssel und Washington lassen vermuten, dass das erst der Anfang war. Rheinmetall selbst rechnet mit einem Umsatzplus von bis zu 30 Prozent – ohne bereits eingeplante künftige Regierungsaufträge.
Aktienkurs am Anschlag
Auch die Börse spielt mit. Seit Jahresbeginn hat sich der Wert der Rheinmetall-Aktie mehr als verdreifacht. Aktuell notiert sie bei über 1.640 Euro – ein Kurs, der nicht nur auf aktuellen Zahlen, sondern auf geopolitischen Erwartungen fußt. Investoren sehen: Europa rüstet auf – und Rheinmetall liefert.
Dabei profitiert das Unternehmen nicht nur vom Krieg in der Ukraine. Auch Trumps Druck auf Nato-Partner, ihre Rüstungsausgaben zu erhöhen, wirkt wie ein Treibsatz für die Branche. Die Botschaft: Wer künftig zur westlichen Verteidigung gehören will, muss kaufen – am besten schnell, am besten viel.
Rüstungsindustrie im Wandel – und unter Beobachtung
Was früher moralisch aufgeladen diskutiert wurde, ist heute haushaltspolitischer Konsens. Rheinmetall ist längst nicht mehr das Nischenunternehmen im Staub militärischer Debatten, sondern zentraler Akteur einer sicherheitspolitischen Neuordnung. Man liefert, was gefragt ist – und fragt nicht, ob das System noch in der Balance ist.
Papperger gibt den Pragmatiker, der Wachstum als nationale Pflicht verkauft. Doch je weiter die Zahlen steigen, desto drängender wird eine andere Frage: Wie viel Wachstum verträgt ein Geschäftsmodell, das auf Eskalation basiert?
Kein Ende in Sicht – aber kein Selbstläufer
Trotz Rekorden bleibt die Branche nicht ohne Risiko. Die Abhängigkeit von politischen Entscheidungen ist enorm. Wird ein Haushalt blockiert, stockt die Produktion. Werden Exportregeln verschärft, fehlen Märkte.
Und sollte ein geopolitisches Tauwetter eintreten – so unwahrscheinlich es derzeit scheint –, könnten Bestellungen ausbleiben. Rheinmetalls aktuelle Prognose – 25 bis 30 Prozent Umsatzplus, 15,5 Prozent operative Marge – basiert auf einem Szenario, das fragil bleibt.
Rheinmetall ist ein Gewinner – aber zu welchem Preis?
Deutschlands größter Rüstungskonzern wächst wie nie zuvor. Und auch wenn Pappergers Vision vom „globalen Defence-Champion“ aufzugehen scheint: Das Fundament bleibt geopolitisch – und damit unkontrollierbar. In Zeiten wie diesen ist das ein Vorteil. Aber auch ein Risiko.
Denn ein Geschäftsmodell, das vom Krieg lebt, ist nur solange stabil, wie der Frieden ausbleibt.
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