Versprechen unter Vorbehalt
Energiekontor bleibt auf Kurs – aber der Untergrund wankt. Der Bremer Entwickler von Wind- und Solarkraftwerken warnt vor möglichen Verzögerungen bei seinen Projekten.
Grund dafür sind nicht etwa schlechte Zahlen – die gibt es derzeit ohnehin nicht, da das Unternehmen zum ersten Quartal traditionell keine harten Finanzkennzahlen veröffentlicht.
Vielmehr sind es strukturelle Engpässe in der Infrastruktur, die dem Unternehmen zunehmend zu schaffen machen: schleppender Netzausbau in Großbritannien, fehlende Umspannwerke, gestörte Lieferketten. Die Börse reagiert prompt: Die Aktie verliert zeitweise mehr als vier Prozent.

Strom ja, Anschluss nein
Energiekontor entwickelt Wind- und Solarprojekte, verkauft diese oder betreibt sie im Eigenbestand. Doch ein Solarpark ohne Anschluss ans Netz ist wie ein Kraftwerk ohne Leitungen: energielos.
Genau hier liegt das Problem. In Großbritannien etwa kommt der überregionale Netzausbau kaum voran.
Die Folge: Projekte können nicht wie geplant ans Netz gehen. Hinzu kommen Lieferengpässe bei zentraler Infrastruktur – etwa bei Transformatoren oder Schaltanlagen, ohne die kein Windrad Strom einspeisen kann.
2025 wird zur Zitterpartie
Offiziell hält Energiekontor an seiner Jahresprognose fest. Der Vorstand geht weiterhin davon aus, dass das Ergebnis vor Steuern (EBT) zwischen 70 und 90 Millionen Euro liegen wird.
Allerdings hängt diese Prognose am seidenen Faden: Sie setzt voraus, dass „ein Großteil der geplanten Transaktionen“ tatsächlich auch realisiert werden kann. Sollte sich dieser Zeitplan verschieben, werde das Ergebnis „entsprechend ins nächste Jahr übergehen“, heißt es.
Klingt harmlos – ist aber eine Warnung. Denn was sich in der Sprache der Kapitalmarktkommunikation liest wie ein Fußnotensatz, bedeutet für Investoren: Unsicherheit.
Strukturelle Schwächen des Energiemarkts
Die Probleme bei Energiekontor sind exemplarisch für eine gesamte Branche. Der Netzausbau in Europa – insbesondere in Deutschland und Großbritannien – hinkt dem Tempo des Zubaus von Erneuerbaren hinterher.
Genehmigungsverfahren, regulatorische Unsicherheiten, Materialknappheit und ein zersplitterter Markt für Netztechnik machen Projektentwicklern das Leben schwer.
Dass selbst ein erfahrener Mittelständler wie Energiekontor – seit über 30 Jahren im Geschäft – ins Straucheln gerät, zeigt, wie groß die strukturellen Defizite mittlerweile sind.
Börse setzt rotes Signal
Anleger quittieren die Unsicherheit mit Zurückhaltung. Die Energiekontor-Aktie fällt im XETRA-Handel auf bis zu 45,95 Euro – ein Minus von über vier Prozent.
Dabei galt die Aktie lange als verlässlicher Green-Energy-Wert für Investoren mit langfristigem Horizont. Doch selbst nachhaltige Geschäftsmodelle sind nicht immun gegen Lieferketten, Netzengpässe und politische Trägheit.
Kein Grund zur Panik – aber zur Aufmerksamkeit
Noch hat Energiekontor Luft. Die Auftragsbücher sind voll, die Projekte zahlreich. Doch wer in der Energiezukunft mitspielen will, muss liefern – im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
Wenn sich Lieferzeiten, Netzanschlüsse und Bürokratie weiter verzögern, wird nicht nur 2025 zur Herausforderung. Auch das mittelfristige Ziel, bis 2028 einen deutlichen Ergebnissprung zu erzielen, könnte in Gefahr geraten – nicht wegen mangelnder Nachfrage, sondern wegen fehlender Anschlussfähigkeit.
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