08. Juli, 2025

Unternehmen

Palantir und der Preis der Fantasie: Wie viel Hype hält ein Unternehmen aus?

Mit einem Kursplus von über 2.000 % seit 2023 zählt Palantir zu den Highflyern des KI-Zeitalters. Doch Analysten warnen: Die Bewertung liegt jenseits jeder Realität – und die erste Korrektur hat bereits begonnen.

Palantir und der Preis der Fantasie: Wie viel Hype hält ein Unternehmen aus?
Mit einem Kursplus von über 2.000 % seit 2023 zählt Palantir zu den heißesten Tech-Aktien – doch mit einem Price-to-Sales-Verhältnis von 107 liegt die Bewertung höher als bei jedem Dotcom-Titel zur Jahrtausendwende.

Bewertung im Höhenrausch

Ein Kursanstieg von mehr als 2.000 Prozent in zwei Jahren. Ein Price-to-Sales-Verhältnis von 107. Und eine Marktkapitalisierung, die auf dem Rücken von Hoffnungen und Narrativen ruht – nicht auf Gewinnen.

Palantir Technologies, das einstige Datenanalyse-Startup mit Wurzeln im US-Geheimdienstapparat, ist zur vielleicht spekulativsten Wette auf künstliche Intelligenz geworden.

Quelle: Eulerpool

Doch was für manche nach technologischem Durchbruch aussieht, erinnert andere an eine Geschichte, die vor über 20 Jahren endete: die Dotcom-Blase.

Damals explodierten Internetaktien in nie gekannte Höhen – nur um wenig später in sich zusammenzufallen. Amazon galt seinerzeit mit einem P/S-Verhältnis von 20 als überbewertet. Palantir steht heute beim Fünffachen. Selbst die treuesten Optimisten müssen sich fragen: Ist das noch Fantasie oder schon Größenwahn?

Analysten schlagen Alarm

Die Stimmen der Skepsis werden lauter – und sie kommen nicht von Pessimisten, sondern von Analystenhäusern, die sonst eher für ihre Technologieaffinität bekannt sind.

Quelle: Eulerpool

Laut AInvest rechnen Branchenkenner mit einem möglichen Kursrückgang von bis zu 60 Prozent bis 2027, sollte das KI-Narrativ an Schwung verlieren. Der Rücksetzer vom 26. Juni – minus 10,8 Prozent an nur einem Handelstag – war für viele ein Warnsignal. Die Volatilität nimmt zu, und mit ihr die Nervosität.

Zwar entwickelt Palantir seine Produkte stetig weiter – zuletzt etwa mit neuen Funktionen in der Foundry-Software, die Nutzern bessere Transparenz und Kontrolle über Datenoperationen ermöglichen.

Doch ob technologische Verbesserungen ausreichen, um eine Bewertung zu rechtfertigen, die selbst die Maßstäbe einer ohnehin euphorisierten Techbranche sprengt, bleibt offen.

Quelle: Eulerpool

Der Mythos Palantir

Palantir ist mehr als nur ein Softwareanbieter. Es ist ein Unternehmen, das seine Geschichte geschickt erzählt: als unverzichtbarer Partner von Sicherheitsbehörden, als datengesteuertes Rückgrat westlicher Demokratien, als Bollwerk gegen Chaos. Diese Inszenierung wirkt – besonders in einem geopolitischen Klima, das nach Stabilität und Kontrolle verlangt.

Doch diese Rolle ist auch eine Bürde. Denn wer sich als sicherheitsrelevanter Akteur präsentiert, muss liefern. Und zwar nicht nur technologische Exzellenz, sondern auch Wachstum, Marge und Vorhersehbarkeit.

Letzteres aber ist bislang nicht Palantirs Stärke. Noch immer fällt es schwer, den langfristigen wirtschaftlichen Wert des Geschäftsmodells unabhängig vom politischen Umfeld zu bemessen.

Zwischen Software und Spekulation

Die jüngsten Softwareupdates zeigen: Palantir will mehr sein als eine KI-Fantasie. Mit höherer Rückverfolgbarkeit von Datensätzen, besserer Transparenz bei Transaktionen und klarer Kennzeichnung von Ressourcen richtet sich das Unternehmen an Großkunden mit hohen Anforderungen.

Doch wie viel davon schlägt sich in konkreten Abschlüssen nieder? Wie viel davon lässt sich skalieren?

Die Investoren, die Palantir aktuell feiern, setzen weniger auf solide Geschäftszahlen als auf einen Trend – und auf die Hoffnung, dass das Unternehmen zu den langfristigen Gewinnern des KI-Zeitalters gehören wird. Doch genau dieser Glaube macht Palantir anfällig. Denn Trends wechseln, und Hoffnungen sind selten stabile Geschäftsgrundlagen.

Die Rückkehr der Blasenlogik

Was wir gerade erleben, ist keine gewöhnliche Überbewertung. Es ist ein Rückfall in alte Muster: Anleger kaufen Zukunftsvisionen, blenden fundamentale Kennzahlen aus und feiern jedes Software-Update wie einen Gamechanger. Die Logik erinnert an 1999 – und die Warnzeichen sind ähnlich.

Der Unterschied: Heute wissen wir, wie Blasen platzen. Die Frage ist, ob wir aus der Geschichte gelernt haben.

Zwischen Genie und Risiko

Palantir bewegt sich auf einem schmalen Grat. Die technologische Substanz ist da – keine Frage. Doch die Erwartungen an das Unternehmen sind so hochgeschraubt, dass selbst gute Zahlen nicht reichen könnten, um die Fantasie dauerhaft zu tragen.

Die Aktie ist damit ein Sinnbild für das neue Marktumfeld: von KI befeuert, von Kapital getrieben, von Realität oft entkoppelt. Wer einsteigt, sollte wissen, worauf er wettet: nicht auf ein solides Unternehmen mit kalkulierbarem Risiko – sondern auf eine Geschichte, die entweder noch größer wird oder in sich zusammenfällt.

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