Ein Wachstumsunternehmen kämpft um Anlegervertrauen
Während der MDAX zuletzt durchwachsene Zahlenmeldungen verdauen musste, präsentiert sich Redcare Pharmacy als Ausreißer nach oben. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz des Konzerns um 26,4 Prozent auf 709 Millionen Euro.
Besonders auffällig: Der Bereich rezeptpflichtiger Arzneimittel legte um satte 48 Prozent zu – allein in Deutschland sogar um 125 Prozent. Für einen digitalen Player, der sich in einem stark regulierten Markt bewegt, ist das ein bemerkenswerter Sprung.
13,5 Millionen Kunden – Tendenz steigend
Redcare, ehemals Shop Apotheke Europe, konnte seine aktive Kundenbasis um weitere 400.000 Nutzer ausbauen. Damit setzt sich ein Trend fort, den das Unternehmen seit Jahren verfolgt: ein konsequenter Aufbau digitaler Marktanteile in einem noch immer von stationären Apotheken dominierten Geschäft.
Der neue Name, der seit Anfang 2023 die Internationalisierung stärker betonen soll, scheint bei Investoren und Konsumenten gleichermaßen anzukommen.
Rezeptpflichtige Medikamente treiben das Wachstum
Das eigentliche Überraschungsmoment im Zahlenwerk liegt im RX-Geschäft. Während der rezeptfreie Bereich (OTC) mit einem Umsatzplus von 17 Prozent solide wächst, explodieren die Erlöse bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
Hier zahlt sich offenbar die strategische Ausrichtung der vergangenen Quartale aus – vor allem die konsequente Vorbereitung auf das E-Rezept in Deutschland und die engere Anbindung an Krankenkassen und Versorgungsnetzwerke.
Margenfrage rückt ins Zentrum
Lange war die Rentabilität ein wunder Punkt. Die bereinigte EBITDA-Marge lag im ersten Quartal bei lediglich 1,3 Prozent – ein Wert, der bei Analysten für Zurückhaltung sorgte.
Nun meldet sich CFO Jasper Eenhorst mit einer klaren Botschaft: Die Marge liege im zweiten Quartal über zwei Prozent und werde sich im weiteren Jahresverlauf weiter verbessern. Das Ziel von 2,0 bis 2,5 Prozent für das Gesamtjahr sei erreichbar – sofern keine unvorhersehbaren regulatorischen Schocks auftreten.
Marketing wirkt – aber zu welchem Preis?
Ein Teil des Wachstums ist teuer erkauft. Redcare investiert weiterhin massiv in Werbung, Logistik und IT-Infrastruktur. Das ist strategisch nachvollziehbar, belastet jedoch kurzfristig das Ergebnis.
Die Balance zwischen Wachstum und Profitabilität bleibt damit ein Thema – und eine Herausforderung, die nicht allein operativ, sondern auch kommunikativ gelöst werden muss. Investoren wollen klare Signale: Wo endet das Investment in Marktanteile, und wo beginnt die Rendite?
Die Aktie hinkt hinterher – noch
Trotz der überzeugenden Geschäftsentwicklung läuft der Aktienkurs der operativen Realität hinterher. Seit Jahresbeginn hat die MDAX-notierte Redcare-Aktie rund 20 Prozent verloren – auch wegen branchenweiter Unsicherheit rund um Regulierung und E-Rezept.
Am Tag der Zahlenvorlage deutet sich im vorbörslichen Handel ein kräftiger Rebound an. Ob daraus eine nachhaltige Umkehrbewegung wird, hängt auch davon ab, wie stabil die angekündigte Margenverbesserung tatsächlich ausfällt.
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