Der KI-Boom treibt die Chipindustrie von Rekord zu Rekord – und ein junges Unternehmen aus München will genau davon profitieren. Quantum Diamonds, erst vor drei Jahren gegründet, investiert 152 Millionen Euro in den Aufbau einer eigenen Fertigung und positioniert sich als möglicher Schlüsselakteur in Europas Halbleiterökosystem.
Das Start-up entwickelt Testsysteme, mit denen sich immer komplexere Chips schneller, präziser und kostengünstiger analysieren lassen. Zum Einsatz kommt eine Kombination aus Quantentechnologie und Künstlicher Intelligenz – ein Ansatz, der bereits Branchengrößen überzeugt hat.
Ein ambitioniertes Ziel: Europas Antwort auf ASML
Quantum Diamonds orientiert sich an keinem Geringeren als ASML, Europas wertvollstem Technologiekonzern. Während die Niederländer Jahrzehnte benötigten, um ihre marktbeherrschende Stellung bei Lithografiemaschinen aufzubauen, ist das Münchener Start-up ungewöhnlich schnell vorangekommen.
Bereits im laufenden Jahr erzielt Quantum Diamonds einen einstelligen Millionenumsatz. Co-Gründer Kevin Berghoff spricht von einem Plan, der schneller aufgegangen sei als erwartet. Ein entscheidender Vorteil: Die technologische Basis stammt aus der Spitzenforschung der Technischen Universität München.

Kooperationen mit Nvidia und TSMC als Ritterschlag
Besonders bemerkenswert ist die enge Zusammenarbeit mit Nvidia und TSMC, den beiden Schwergewichten der globalen Halbleiterindustrie. Nvidia dominiert mit seinen Grafikprozessoren den KI-Markt, während TSMC als weltweit führender Auftragsfertiger gilt.
Europa spielt bei der Chipproduktion selbst kaum noch eine Rolle. Bei Maschinen und Spezialtechnologien hingegen verfügt der Kontinent über einzigartiges Know-how. Sollte Quantum Diamonds auch nur einen Teil des Erfolgs von ASML erreichen, könnte daraus ein Milliardenunternehmen entstehen.
Eigene Fertigung in München geplant
Die ersten Anlagen will Quantum Diamonds bereits im Februar ausliefern. Noch erfolgt die Fertigung über einen Partner in den Niederlanden. Künftig sollen die Systeme jedoch in einer eigenen Produktionsstätte in München entstehen.
Dafür hat das Unternehmen 3.000 Quadratmeter Fläche angemietet. Die geplante Kapazität liegt bei bis zu 100 Anlagen pro Jahr. Ziel ist eine vollständig deutsche Produktion.
Staatliche Förderung als Wachstumstreiber
Rund die Hälfte der Investitionssumme von 152 Millionen Euro übernehmen Bund und Freistaat Bayern. Zusätzlich sammelte Quantum Diamonds 15 Millionen Euro von Wagniskapitalgebern ein. Weitere Mittel sollen in einer Finanzierungsrunde in etwa zwei Jahren folgen.
Das Unternehmen wurde von zwei Absolventen der TU München gegründet: dem Betriebswirt Kevin Berghoff und dem Quantenphysiker Fleming Bruckmaier. Aktuell beschäftigt Quantum Diamonds rund 50 Mitarbeitende, im kommenden Jahr soll sich diese Zahl verdoppeln.
Quantensensoren machen Chips transparent
Technologisch setzt das Start-up auf sogenannte NV-Zentren in synthetischen Diamanten. Diese Stickstoff-Fehlstellen fungieren als extrem empfindliche Quantensensoren, mit denen sich magnetische und elektrische Felder messen lassen.
So kann die Stromdichte in komplexen Schaltkreisen zerstörungsfrei kartiert werden. Eine eigens entwickelte KI-Software analysiert die Daten und identifiziert Fehler schneller und präziser als herkömmliche Verfahren.

Einsatz heute und in der Serienproduktion von morgen
Aktuell nutzen Chipentwickler die Systeme vor allem in der Design- und Entwicklungsphase. Künftig sollen die Maschinen jedoch auch direkt in der Serienproduktion eingesetzt werden.
Für die Hersteller ist das hochrelevant: Moderne Chipfabriken kosten zehn Milliarden Euro und mehr. Jede Verbesserung bei der Ausbeute und Fehlererkennung steigert die Wirtschaftlichkeit erheblich.
Rückenwind durch den KI-Boom
Der Markt liefert Rückenwind. Analysten erwarten, dass der GPU-Markt in diesem Jahr um rund 50 Prozent auf 173 Milliarden US-Dollar wächst. Der Bedarf an Speicherchips steigt ebenfalls rasant.
Getrieben wird diese Entwicklung durch massive Investitionen der großen US-Technologiekonzerne in Rechenzentren und KI-Infrastruktur. Quantum-Diamonds-Gründer Berghoff zeigt sich entsprechend optimistisch: Die Nachfrage sei bereits heute deutlich spürbar.
Ohne Staat keine Chipindustrie
Quantum Diamonds ist nicht allein. Weitere deutsche Start-ups wie FMC in Dresden oder Black Semiconductor in Aachen expandieren ebenfalls mithilfe öffentlicher Fördergelder.
Branchenexperten halten diese Unterstützung für notwendig. Die hohen Anfangsinvestitionen in der Halbleiterindustrie machten staatliche Anschubfinanzierung unverzichtbar. Auch die EU-Kommission sieht in Quantum Diamonds das Potenzial, „das nächste ASML“ hervorzubringen.

