04. August, 2025

Startups & VC

Supercomputer, Superversprechen, Superkrise?

Die Münchner Firma Partec wollte Europas Antwort auf Nvidia werden – jetzt fehlt das Geld für die Gehaltszahlung. Patente wackeln, Projekte stehen still, Investoren sind nervös. Und die Führungsspitze verspricht milliardenschwere Rettung.

Supercomputer, Superversprechen, Superkrise?
Stilles Scheitern: Der angekündigte Quantencomputer lässt weiter auf sich warten – das Projekt wurde Anfang 2025 vorerst gestoppt.

Das Geld ist knapp, das Vertrauen erodiert: Bei der börsennotierten Hightech-Firma Partec aus München spitzt sich die Lage dramatisch zu.

Der einstige KI-Hoffnungsträger Deutschlands, vor zwei Jahren mit großen Vorschusslorbeeren an die Frankfurter Börse gegangen, steht heute vor einem Scherbenhaufen: Die Aktie ist um mehr als 80 Prozent abgestürzt, ein zentrales Patent wurde widerrufen, und ehemalige Mitarbeiter berichten von monatelangen Gehaltsrückständen.

Noch 2023 galt Partec mit einer Marktkapitalisierung von 1,4 Milliarden Euro als vielversprechender Champion für KI-Supercomputer made in Europe.

Heute ist der Börsenwert auf rund 250 Millionen Euro zusammengeschmolzen. Die Gründe: Kommunikationspannen, operative Probleme – und eine Prise Selbstüberschätzung.

Viel versprochen, wenig geliefert

CEO Bernhard Frohwitter, 80, ein eloquenter Erzähler mit Vorliebe für Elefantenfiguren und Afrika-Anekdoten, hatte Anlegern viel versprochen: Einen Quantencomputer für 2024, eine "Quantum Factory" in München-Sendling und eine milliardenschwere Partnerschaft mit der Industrie. Doch außer Absichtserklärungen wurde wenig konkret.

Das Sendlinger Werk steht still, der Quantencomputer kam nie auf den Markt. Ein groß angekündigter Rechtsstreit gegen Nvidia wegen angeblicher Patentverletzung entpuppte sich als PR-Eigentor: Das zugrunde liegende Patent wurde vom Europäischen Patentamt rechtskräftig widerrufen – eine Tatsache, die Partec seinen Aktionären verschwieg.

Milliardenversprechen, Mini-Umsatz: Partec verkündete große Deals – im ersten Halbjahr 2024 kamen nur 5 Millionen Euro Umsatz zustande.

Investoren verlieren die Geduld

Auch der renommierte Fondsmanager Hendrik Leber zeigt sich enttäuscht. Zwar habe er nur eine "winzige Position" im Portfolio, doch die mangelhafte Kommunikation beunruhige ihn zutiefst.

Der Jahresabschluss 2024 wurde verschoben, Prüferwechsel inklusive. PwC übernimmt die Bewertung komplexer Schutzrechte und Umwandlungsvorgänge – doch konkrete Zahlen fehlen.

Was bisher bekannt ist: Im ersten Halbjahr 2024 setzte Partec lediglich 5 Millionen Euro um. Der Kontostand zum 30. Juni: 288.000 Euro.

Gehaltsrückstände, Liquiditätsprobleme, Notverkäufe

Interne Mails und Mitarbeiterberichte zeichnen ein alarmierendes Bild: Seit Februar 2025 sollen mehrfach keine vollständigen Gehaltszahlungen erfolgt sein. Ein offener Brief eines Mitarbeiters mit dem Betreff "leerer Kontostand" machte im Frühjahr die Runde.

Finanzchef Hans Kilger bestätigt auf Nachfrage "temporäre Verzögerungen" und nennt als Grund ausstehende Zahlungen eines namentlich nicht genannten Partners – mutmaßlich der kriselnde französische Konzern Atos, mit dem Partec am Projekt Jupiter arbeitet.

Um die Löcher zu stopfen, griff die Führung selbst in die Tasche: Frohwitter verkaufte private Vermögenswerte wie Patek-Philippe-Uhren und verpfändete Partec-Aktien. Die Villa in Bogenhausen steht für 16,5 Millionen Euro zum Verkauf. Auch das private Anwesen des Gründers ist auf dem Markt.

Milliardendeal oder Luftnummer?

Trotz aller Probleme betonen Frohwitter und Kilger ihren Optimismus. Man stehe kurz vor dem Abschluss eines Milliardendeals mit einem institutionellen Investor, heißt es. Namen, Fristen, Details? Fehlanzeige.

Partec hat sich mehrfach mit ambitionierten Ankündigungen hervorgetan, die am Ende wenig Konkretes brachten. Ob die angekündigte Finanzspritze diesmal real ist, bleibt offen. Für ein Unternehmen, das laut Eigenbeschreibung "wegweisende Innovationen" liefert, ist der Erklärungsnotstand inzwischen größer als der technologische Vorsprung.

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