Autonom, aber nicht vergleichbar
Was wie ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Tesla und Waymo erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als schiefer Vergleich mit PR-Absicht.
Denn was Bloomberg kürzlich zum Robotaxi-Wettlauf veröffentlichte, basiert auf Daten, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und im Zweifel mehr verdecken als aufklären.
Statistiken mit Scheuklappen
Tesla sei „schneller Richtung Autonomie unterwegs“ als Waymo, behauptet Bloomberg – unter Berufung auf Teslas hauseigenen Autopilot-Sicherheitsbericht. Klingt beeindruckend, entpuppt sich aber bei genauerer Betrachtung als verzerrt: In die Statistik fließen nur Unfälle ein, bei denen Airbags oder Gurtstraffer aktiviert wurden. Kleinere Kollisionen? Beinaheunfälle? Software-Aussetzer? Fehlanzeige.
Waymo hingegen dokumentiert sämtliche polizeilich gemeldeten Vorfälle – vom Parkrempler bis zum Fahrfehler. Eine umfassende Erfassungsmethode, die zwangsläufig zu höheren Fallzahlen führt – aber dafür die Realität besser abbildet.
Das Problem: Bloomberg verglich diese offene Datenbasis mit Teslas stark eingeschränkter – und zog daraus weitreichende Schlüsse über die vermeintliche Überlegenheit des kalifornischen E-Autoherstellers.
Drei Milliarden Meilen vs. 22 Millionen – wirklich?
Auch bei den gefahrenen Meilen hinkt der Vergleich. Tesla gibt an, über drei Milliarden Autopilot-Meilen gesammelt zu haben.

Doch dabei handelt es sich um jede Fahrt mit aktivierter Fahrerunterstützung – inklusive Highways und klaren Bedingungen, stets mit einem Menschen am Lenkrad. Waymo zählt dagegen ausschließlich fahrerlose Fahrten in komplexem städtischem Umfeld – konkret 22 Millionen Meilen in San Francisco.
Was Bloomberg dabei unterschlägt: Rechnet man Waymos autonome Fahrten mit Aufsicht und die Tests in Arizona und Austin ein, kommt das Alphabet-Unternehmen laut Electrek auf über 71 Millionen Meilen ohne Fahrer – ein völlig anderer Maßstab, wenn man autonomes Fahren realistisch bewerten will.
PR vor Präzision?
Dass der Vergleich ausgerechnet kurz vor Teslas Robotaxi-Pilotprojekt in Austin erscheint, sorgt in der Branche für Misstrauen. Kritiker sprechen von einem strategischen Move, um Investorenerwartungen hochzuhalten.
Die Reaktion folgte prompt: Sicherheitsexperten, Analysten und Nutzer warfen Bloomberg vor, sich für eine Art Tesla-freundliche Deutung der Daten hergegeben zu haben.
Gleichzeitig wächst der öffentliche Druck. Demonstrationen in Kalifornien zeigen, wie viele Menschen dem System Teslas misstrauen – auch weil es weiterhin auf menschliche Überwachung angewiesen ist und immer wieder mit Ausfällen Schlagzeilen macht.
Waymo fährt, Tesla testet
Der fundamentale Unterschied bleibt: Waymo operiert bereits mit vollständig autonomen Robotaxis – ohne Sicherheitsfahrer, rund um die Uhr, in komplexer urbaner Umgebung. Tesla hingegen testet mit Aufsicht, vornehmlich auf vorhersehbaren Strecken, und muss dabei noch zeigen, ob der Ansatz mit neuronalen Netzen und Kameras tatsächlich ohne Lidar und HD-Karten konkurrenzfähig ist.
Auch die US-Verkehrsbehörde NHTSA dämpft Erwartungen: Die von Tesla gemeldeten Airbag-Auslösungen spiegeln laut ihrer Analyse nur etwa 18 Prozent aller Unfälle wider – ein klarer Hinweis darauf, wie selektiv Teslas Datengrundlage ist.
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