13. Mai, 2025

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Ohne Logo, ohne Laufsteg – mit Daten zur Luxusmarke

Wie Luca Faloni aus einem Online-Shop für Leinenhemden eine internationale Premiummarke formte – und warum sein Verzicht auf das Übliche der Schlüssel zum Erfolg ist.

Ohne Logo, ohne Laufsteg – mit Daten zur Luxusmarke
Tradition trifft Datenanalyse: Luca Faloni lässt seine Kleidung in italienischen Familienbetrieben fertigen – optimiert wird jedes Produkt aber auf Basis von Retourenquoten, Kundenfeedback und Verkaufsstatistiken.

Kein Logo, kein Lärm – aber echte Nachfrage

In einer Branche, die oft von Namen, Logos und Lautstärke lebt, hat Luca Faloni das Gegenteil zur Methode gemacht. Keine Fashion Shows, keine Markeninszenierung, keine Rabattschlachten.

Stattdessen: Handwerkskunst aus Italien, Direktvertrieb – und ein nüchterner Blick auf Daten. Heute verkauft der Gründer 250.000 Stück pro Jahr, Umsatz: 36 Millionen Euro. Tendenz steigend.

Der Mann hinter der Marke ist ein analytisch denkender Ex-Berater mit Wurzeln in Turin, der die Welt der Luxusmode wie ein strategisches Puzzle betrachtet. Das Ziel: Qualität liefern, Marke aufbauen – aber ohne die klassischen Luxus-Klischees. Der Erfolg gibt ihm recht.

Ci vuole tempo! Luca Faloni is on a mission to slow down fast fashion – Luxury London
Through a timeless collection of key pieces, Italian luxury menswear brand Luca Faloni creates wardrobe staples designed to stand the test of time

Der Masterplan beginnt in der Umkleide

Die Initialzündung kam in San Francisco. Dort stieß Faloni auf das D2C-Prinzip – Marken, die direkt an den Endkunden verkaufen und so den Zwischenhandel umgehen.

Für italienische Mode, so sein Gedanke, könnte das genauso funktionieren. Also durchforstete er sein Heimatland nach Zulieferern – und fand sie in Familienbetrieben, die seit Generationen Kaschmir, Leder und Leinen verarbeiten.

Der erste Online-Shop ging 2014 live. Nur wenige Produkte, aber mit durchdachter Passform und klarer Ästhetik. Kein Logo, aber ein markanter Kragen – die sogenannte paramontura. Heute ist sie unverwechselbares Markenzeichen.

Langsamer wachsen, besser bleiben

Während andere Marken jede Saison neu denken, tut Faloni fast das Gegenteil: Produkte bleiben im Sortiment – und werden mit jeder Rückmeldung verfeinert. Neue Farben ja, neues Design nur, wenn die Daten es fordern.

Diese Haltung zur „Slow Fashion“ ist nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Weniger Überschuss, weniger Kosten, mehr Kontrolle.

„Wenn 20 von 100 Hosen zurückkommen, fragen wir nach – und passen den Schnitt an“, sagt Faloni.

Die Folge: kaum Lagerprobleme, keine Sales-Aktionen, stabile Margen.

Slow Fashion statt Saisondenken: Neue Produkte kommen nur, wenn die Daten es hergeben. Bestseller wie das Leinenhemd mit paramontura-Kragen bleiben im Sortiment – und werden schrittweise perfektioniert.

Warum stationäre Stores plötzlich sinnvoll wurden

Eigentlich wollte Faloni den klassischen Einzelhandel umgehen. Doch steigende Online-Werbekosten zwangen ihn zum Umdenken. Seine Läden – heute zehn weltweit, bald deutlich mehr – eröffnete er nach einem klaren Prinzip: Dort, wo die Online-Nachfrage am stärksten ist.

Heatmaps, Rücksendequoten, Laufkundschaft – alles wird gemessen, bevor entschieden wird, ob ein Shop kommt. New York, London, München – jeder Standort ist Teil einer präzisen Omnichannel-Strategie. Der Laden als Schaufenster und Rückversicherer für Online-Kunden, nicht als Zentrum der Markenwelt.

Luxus ohne Aufschlag: Was steckt hinter dem Preis?

Ein Kaschmirpullover für knapp 300 €, gefertigt aus dem gleichen Garn wie bei Brunello Cucinelli, dessen Preis bei 1.000 € liegt – wie geht das? Antwort: Direktvertrieb. Keine Zwischenhändler, keine Luxusmargen, keine Showrooms mit Catering.

Statt Prestige verkauft Faloni Produktqualität. Und spricht damit vor allem Männer an, die lieber ein gutes Hemd dreimal kaufen, als drei verschiedene, die nicht passen.

„Viele Kunden wollen dasselbe Modell – ein Jahr später, in derselben Farbe“, sagt er. Kein Markenfetisch, sondern Markenvertrauen.

Expansion ohne Investoren – ganz bewusst

Mit rund 100 Mitarbeitern ist das Unternehmen kein Start-up mehr, aber auch kein Konzern. Faloni hält rund 60 % der Anteile selbst, will weiter organisch wachsen – ohne Private Equity, ohne Börsengang, ohne Druck von außen. Sein Ziel: globale Präsenz, aber in eigenem Tempo.

Die USA machen aktuell rund 40 % des Umsatzes aus, Deutschland 10 %. Und während die großen Namen auf Asien oder arabische Märkte schielen, bleibt Faloni bei den westlichen Metropolen – dort, wo der Bedarf nach diskretem Luxus am höchsten ist.

Ein italienischer Pragmatiker statt Modemissionar

Luca Faloni ist kein Visionär, der Mode neu erfinden will. Er ist ein Unternehmer, der seine Zielgruppe kennt – und ihr einfach bessere Kleidung bieten will. Männer, die keine Trends suchen, sondern Qualität. Die kein Logo brauchen, sondern Verlässlichkeit. Und die bereit sind, für echte Handwerkskunst zu zahlen – aber nur, wenn der Preis stimmt.

Ein schnelles Modeimperium wird daraus nicht entstehen. Aber vielleicht genau deshalb eine der relevantesten Luxusmarken der nächsten Jahre.

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