Mehr als nur Chips
Wenn Anleger über NVIDIA sprechen, geht es fast reflexartig um KI-Prozessoren – jene Superchips, die den Kurs in immer neue Höhen treiben. Doch ein Blick in die Bilanz zeigt: Ein anderer Bereich hat still und leise das Gaming-Geschäft überholt.
Netzwerklösungen, einst Nebenschauplatz, haben im vergangenen Geschäftsjahr 12,9 Milliarden US-Dollar eingespielt. Zum Vergleich: Das Gaming-Segment kam „nur“ auf 11,3 Milliarden.
Für ein Unternehmen, das jahrzehntelang über Grafikkarten definiert wurde, ist das ein Paradigmenwechsel.
Die unsichtbare Infrastruktur
„Die Infrastruktur ist der wichtigste Teil beim Bau eines Supercomputers“, sagt Gilad Shainer, Networking-Chef bei NVIDIA. Gemeint sind Technologien wie NVLink, InfiniBand und Ethernet. Was trocken klingt, ist das Rückgrat der KI-Revolution:
- NVLink verbindet GPUs innerhalb eines Servers.
- InfiniBand knüpft ganze Rechenzentren zu einem einzigen KI-System zusammen.
- Ethernet dient als Front-End-Netzwerk für Verwaltung und Datenfluss.
Ohne diese Netzwerke verpufft die Rechenleistung der Chips – die Supercomputer blieben auf halbem Weg stecken. Gerade beim sogenannten Inferencing, also dem Ausführen von KI-Modellen, entscheidet die Geschwindigkeit der Verbindung über Erfolg oder Misserfolg.
Konkurrenz schläft nicht
Natürlich hat NVIDIA die Bühne nicht für sich allein. Rivalen wie AMD, große Cloud-Anbieter wie Amazon, Google und Microsoft oder neue Standards wie UALink versuchen, Marktanteile zu gewinnen.
Noch liegt NVIDIA vorn, nicht zuletzt dank der engen Verzahnung von Chips und Netzwerk. Doch die Dynamik der Branche macht klar: Ein sicherer Burggraben sieht anders aus.
Analysten blicken gespannt auf die Zahlen
Der nächste Stresstest kommt am 27. August, wenn NVIDIA seine Quartalszahlen vorlegt. Erwartet wird ein Umsatz von 45,76 Milliarden Dollar – ein Sprung von den 30,04 Milliarden im Vorjahr.
Beim Gewinn je Aktie (EPS) rechnen Analysten mit 1,00 Dollar, nach 0,67 Dollar im Vergleichszeitraum. Ob das Netzwerkgeschäft in den Zahlen deutlicher ins Rampenlicht rückt, dürfte entscheidend sein für die Frage, wie Investoren den Konzern künftig bewerten.
Ein unterschätzter Wachstumstreiber
„Der am meisten unterschätzte Teil des Geschäfts von NVIDIA“, nennt Gene Munster von Deepwater Asset Management den Bereich. Tatsächlich ist er mehr als nur ein Anhängsel: Er macht die Chip-Power überhaupt erst nutzbar.
Sollte der Boom bei KI-Anwendungen anhalten, könnte das Netzwerkgeschäft zur zweiten großen Säule neben den Rechenzentrums-Chips werden – mit allen Konsequenzen für Marktstellung und Bewertung.
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