Frankreich und eine Gruppe weiterer EU-Mitgliedsstaaten haben eine bahnbrechende Initiative gestartet, um das finanzielle Engagement europäischer Sparerinnen und Sparer verstärkt auf den heimischen Kontinent zu lenken. Ein neu eingeführtes Gütesiegel für Finanzprodukte, insbesondere für Fonds, soll dabei eine zentrale Rolle spielen. Der französische Finanzminister Éric Lombard erläuterte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die Zielsetzung dieses Vorhabens: „Europa verfügt über enorme Sparvolumina und eine ausgeprägte Investitionsfreudigkeit. Unsere Aufgabe ist es nun sicherzustellen, dass europäische Mittel vorrangig dem eigenen Kontinent zugutekommen.“
Das eigens entwickelte Label „Finance Europe“ soll zum Beispiel Exchange Traded Funds (ETFs) kennzeichnen und damit wirtschaftliche Investitionen innerhalb der Union attraktiver gestalten. Lombard äußerte zudem seine persönliche Bereitschaft, in Finanzprodukte, die dieses Siegel tragen, zu investieren. Mit Unterstützung aus Deutschland, Estland, Spanien, Portugal, Luxemburg und den Niederlanden handelt es sich um eine breit angelegte europäische Initiative.
Laut einem aktuellen Bericht belaufen sich die privaten Ersparnisse innerhalb der Europäischen Union auf beeindruckende 30 Billionen Euro, von denen ein großer Teil bislang ungenutzt in bar oder auf Konten ruht. Jährlich fließen etwa 300 Milliarden Euro dieser Gelder ins Ausland, überwiegend in die Vereinigten Staaten. Um diesem Trend entgegenzuwirken und dringend benötigtes Kapital für bedeutende Vorhaben in Europa zu mobilisieren, wird die Anzahl europäischer Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld im Heimatmarkt investieren, gezielt gesteigert. Schätzungen zufolge erfordert die Umsetzung zentraler Projekte wie die grüne Wende, die digitale Revolution sowie der Ausbau kritischer Infrastrukturen bis zum Jahr 2030 ein Investment von weiteren 800 Milliarden Euro.
Die Umsetzung des „Finance Europe“-Siegels soll Investoren die Gewissheit geben, dass ihre Gelder innerhalb Europas Verwendung finden. Anbieter von Finanzprodukten, darunter Banken und Versicherungsunternehmen, sind verpflichtet, mindestens 70 Prozent der angelegten Gelder im europäischen Wirtschaftsraum zu investieren und eine Mindestanlagefrist von fünf Jahren einzuhalten. Die Vergabe des Gütesiegels ist ab dem kommenden Jahr vorgesehen.
Angesichts geopolitischer Turbulenzen betonte Lombard die Dringlichkeit der Initiative. „In einer Welt voller Aggressivität und Herausforderungen ist es von wesentlicher Bedeutung, dass Bürgerinnen und Bürger in ihrem täglichen Handeln soweit möglich zur Stärkung ihres Landes und der Europäischen Union beitragen“, erklärte der Minister. Zudem sollten in ihrem Anlageverhalten Fragen der Souveränität und nationalen Interessen verstärkt berücksichtigt werden.