Gewinnsprung mit Makel
Ein Gewinnplus von über 200 Prozent – klingt beeindruckend. Doch an der Börse bleibt der Applaus aus. Airbus meldet für das zweite Quartal 2025 einen Konzerngewinn von 732 Millionen Euro, dreimal so viel wie im Vorjahr.

Der operative Gewinn (bereinigtes EBIT) legte ebenfalls deutlich zu, auf fast 1,6 Milliarden Euro. Und dennoch: Die Zahlen verfehlten die Erwartungen der Analysten – die Aktie reagierte nervös.
Dabei stagnierte der Umsatz mit 16,1 Milliarden Euro, was zeigt: Der Gewinnzuwachs ist vor allem das Ergebnis niedrigerer Kosten – nicht steigender Erlöse. Ein einmaliger Effekt, der für Investoren keine langfristige Perspektive bietet.
Die Triebwerke fehlen – buchstäblich
Der Hauptgrund für die Unruhe: Airbus hat ein Produktionsproblem. Der Konzern kann zwar Jets bauen, aber keine ausliefern. Der Grund: Es fehlen Triebwerke. Auf Airbus-Werksgeländen stehen derzeit rund 60 fertige Maschinen – ohne Antrieb.
Betroffen ist ausgerechnet das meistverkaufte Modell: die A320neo-Familie, inklusive des Langstrecken-Jets A321XLR. Beide werden wahlweise mit Triebwerken von CFM (GE Aerospace + Safran) oder Pratt & Whitney (RTX) ausgerüstet. Beide Hersteller kämpfen mit massiven Lieferverzögerungen – unter anderem wegen Streiks und eines Metallverarbeitungsfehlers.
„Segelflugzeuge“ in Toulouse
Airbus-Chef Guillaume Faury versucht, das Problem kleinzureden. Die Triebwerkslieferanten hätten zugesichert, die Rückstände in der zweiten Jahreshälfte aufzuholen. Die rund 60 „Segelflugzeuge“ – wie sie intern halb ironisch genannt werden – sollen bis Jahresende ausgeliefert sein.
Doch: Airbus kennt dieses Problem nicht erst seit gestern. Schon in den Vorjahren gab es ähnliche Engpässe. Dass es erneut zu Rückstaus kommt, lässt Zweifel an der Planbarkeit des gesamten Produktionsmodells aufkommen.
Zoll-Drama abgewendet – vorerst
Eine gute Nachricht gab es für Airbus immerhin von der politischen Front: Der Zollstreit zwischen der EU und den USA wurde entschärft. Für zivile Flugzeuge gilt wieder ein Nullsatz – eine Entlastung, die Airbus nicht eingeplant hatte, die aber die Planungen für das Gesamtjahr stabilisieren könnte.
Faury sprach von einer „willkommenen Entwicklung“. Denn ein 20-prozentiger Aufschlag auf bestehende Verträge hätte Hersteller wie Airlines empfindlich getroffen. Das Risiko scheint nun gebannt – zumindest temporär.
Produktionsziel bleibt ambitioniert
Trotz aller Probleme hält Airbus an seinem Jahresziel von rund 820 Auslieferungen fest – obwohl in der ersten Jahreshälfte erst 306 Maschinen übergeben wurden. Der Endspurt ist damit vorprogrammiert. Auch die geplante Ausweitung der A320neo-Produktion auf monatlich 75 Maschinen bis 2027 bleibt bestehen.
Zusätzlich will Airbus beim A330neo (Widebody) die Produktionsrate leicht anheben, beim A350 bleibt das Ziel bei zwölf Maschinen pro Monat (bis 2028). Besonders ehrgeizig: Beim kleineren A220 sollen ab 2026 monatlich 14 Maschinen das Werk verlassen. Doch ob das gelingt, hängt nicht nur vom eigenen Tempo ab – sondern maßgeblich von der Zuverlässigkeit der Zulieferer.
Spirit-Übernahme verzögert sich
Auch in der Zulieferkette herrscht Bewegung. Airbus übernimmt im Zuge von Boeings Rückkauf seiner früheren Tochter Spirit AeroSystems einige Werke und Arbeitspakete.
Die Übernahme, ursprünglich für das dritte Quartal geplant, verschiebt sich nun auf Ende 2025. Ein Detail, das die ohnehin angespannte Logistik weiter verkomplizieren könnte.
Analysten uneins – Anleger nervös
Während JPMorgan das Kursziel auf 220 Euro anhebt und die Aktie mit „Overweight“ einstuft, bleiben viele Investoren skeptisch. Nachbörslich sackte der Kurs zunächst ab, erholte sich leicht, fiel dann aber wieder – zuletzt lag die Aktie bei 177,60 Euro, ein Minus von rund 0,67 Prozent.
Das Fazit: Die Zahlen sind gut, aber nicht gut genug. Und die Probleme – von der Triebwerkskrise bis zur Produktionskette – werfen zu viele Fragen auf, als dass Investoren entspannt nach vorne blicken könnten.
Gewinne sind da – das Vertrauen fehlt
Airbus liefert, zumindest auf dem Papier. Doch die operative Realität hinkt dem Zahlenwerk hinterher. Die Triebwerksprobleme sind hausgemacht – und kein neues Phänomen. Die Euphorie an den Finanzmärkten bleibt entsprechend aus.
Airbus muss zeigen, dass das starke zweite Quartal kein Ausreißer bleibt – sondern der Beginn einer Phase operativer Stabilität ist. Bis dahin bleibt: Hochfliegende Pläne, aber Startverzögerung am Boden.
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