Ein Auftrag wie aus dem Lehrbuch
Der Deal kam nicht unerwartet, aber in seiner Größe überrascht er selbst Branchenkenner: Tesla beauftragt Samsung mit der Fertigung des KI-Chips AI6, der künftig in Musks autonomen Robotaxis arbeiten soll.
Volumen: 16,5 Milliarden US-Dollar. Laufzeit: bis Ende 2033. Standort: Samsungs Mega-Werk in Taylor, Texas – das zwar noch nicht fertig ist, aber schon jetzt als Hoffnungsträger der kriselnden Halbleitersparte gilt.
Musk braucht Chips – Samsung braucht Musk
Der Markt für KI-Chips ist heiß. Wer ihn kontrolliert, kontrolliert das Tempo des autonomen Fahrens, der Robotik und künstlicher Intelligenz. Für Samsung ist der Tesla-Auftrag ein Prestige-Coup.
Das Unternehmen leidet unter einem dramatischen Auftragsrückgang in der Auftragsfertigung – während Erzrivale TSMC die Produktionslinien kaum leer bekommt. Im ersten Quartal 2025 lag TSMCs Weltmarktanteil bei 67,6 %, Samsung kam nur auf 7,7 %. Der Abstand wächst.
Elon Musk verkündete die Nachricht stilecht auf X: Die Fabrik in Texas werde "die strategisch wichtigste KI-Produktion der Welt", schrieb der Tesla-Chef. Und schob nach: 16,5 Milliarden seien nur der Einstieg – bei erfolgreicher Produktion seien deutlich höhere Volumen denkbar.

Er selbst wolle die Fertigung "persönlich überwachen". Es klingt wie ein Ritterschlag – für einen Konzern, der zuletzt vor allem mit Verzögerungen und Imageproblemen in Texas Schlagzeilen machte.
Konkurrenz auf der Überholspur
Samsung fertigt bereits den aktuellen AI4-Chip für Tesla. Der nächste Zwischenschritt – AI5 – wurde jedoch an TSMC vergeben. Dass Musk nun für den AI6 zurück zu Samsung geht, darf als strategisches Ausbalancieren verstanden werden: Musk will sich offenbar nicht vollständig in die Abhängigkeit eines einzigen Zulieferers begeben.
Und TSMC, so hört man, stößt trotz massiver Kapazitätserweiterungen immer wieder an seine Grenzen.
Doch der Verlust des AI5 ist für Samsung mehr als eine Lücke – er zeigt, dass selbst loyale Kunden wie Tesla abspringen, wenn die Technik nicht mitzieht. Die nächste Chipgeneration muss deshalb nicht nur günstiger sein, sondern auch effizienter und besser. Gelingt das nicht, könnte der AI6-Auftrag schnell der letzte dieser Art sein.
Texas als Baustelle der Hoffnung
Die neue Fabrik in Texas sollte längst laufen – ursprünglich war der Start für 2024 geplant. Inzwischen spricht Samsung von 2026. Die Verzögerungen kosten Geld, Vertrauen und strategischen Vorteil.
In einer Branche, in der jeder Monat zählt, ist das fatal. Der Tesla-Auftrag kommt nun wie ein politischer und wirtschaftlicher Rettungsanker – auch für den Standort in den USA.
Samsung will vor allem eines: zeigen, dass man als Fertiger für komplexe, hochentwickelte KI-Chips konkurrenzfähig ist. Gelingt die AI6-Produktion nicht nur technisch, sondern auch in Serie und preislich, könnte das ein Signal an andere Kunden sein: Wir sind zurück im Spiel.
Ein Kampf auf Messers Schneide
Der Deal hat Signalwirkung. Nicht nur für Samsung, sondern für den gesamten KI-Hardwaremarkt. Mit Nvidia, AMD, Amazon und Apple als weitere Chip-Großabnehmer der Zukunft kämpfen TSMC und Samsung um Milliardenaufträge, die über Jahre die Kapazitäten füllen.
Der Markt verzeiht keine Fehler. Und Musk, der notorisch detailversessen ist, wird keinen Tag zögern, die Reißleine zu ziehen, sollte Samsung die Erwartungen nicht erfüllen.
Bis dahin ist der Deal aber eine dringend benötigte Erfolgsmeldung. Für Samsung, für Texas, für eine Branche im Wandel. Doch auch eine Wette – auf Musk, auf Technik, auf die Fähigkeit, verlorene Marktanteile zurückzuerobern. Ob das gelingt, entscheidet sich nicht in der Konzernzentrale in Seoul – sondern auf dem Fabrikboden in Taylor, Texas.
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