Ein Start-up auf Augenhöhe mit Tech-Giganten
Während IBM, Google und Microsoft Milliarden in die Quantenforschung pumpen, überrascht IQM aus Finnland mit einer für europäische Verhältnisse beachtlichen Finanzierungsrunde.
275 Millionen Euro sammelte das junge Unternehmen ein – angeführt von Ten Eleven Ventures. Damit steigt die Gesamtfinanzierung auf rund 600 Millionen Dollar, der Unternehmenswert liegt inzwischen über einer Milliarde Euro.
Warum Qubits alles verändern könnten
Anders als klassische Rechner, die nur Nullen und Einsen kennen, arbeiten Quantencomputer mit Qubits, die mehrere Zustände gleichzeitig annehmen können.
Dieser Quanteneffekt ermöglicht parallele Berechnungen in bislang unerreichter Geschwindigkeit. Bei Aufgaben wie Molekül-Simulationen oder Finanzmarktanalysen könnten Quantenmaschinen herkömmliche Supercomputer um Lichtjahre überholen.

Google hatte 2019 behauptet, diese „Quantenüberlegenheit“ bereits demonstriert zu haben: Eine Aufgabe, für die ein klassischer Rechner 10.000 Jahre gebraucht hätte, löste ihr Prozessor in 200 Sekunden. Zwar umstritten – doch das zeigt, welches Potenzial in der Technologie steckt.
Europas Chance im Quantenrennen
Europa gilt in der Halbleiterfertigung als Nachzügler, doch im Quantencomputing eröffnet sich eine realistische Chance, technologisch mitzuspielen. IQM profitiert von starken Forschungsnetzwerken in Finnland und Deutschland sowie einer europäischen Lieferkette für Hightech-Komponenten.
„IQM ist aktuell die weltweit erfolgreichste reine Quantencomputer-Firma“, urteilt der Münchner Investor Herbert Mangesius.
Besonders im Verkauf ganzer Systeme liegt der Vorteil: Während US-Konzerne den Zugang meist über die Cloud anbieten, können IQM-Maschinen tatsächlich von Unternehmen gekauft und in Eigenregie betrieben werden.
Technische Hürden bleiben gewaltig
Noch verkauft IQM erst 15 Maschinen, die jeweils über 54 Qubits verfügen. Ein großer Schritt sind die angekündigten 150 Qubits für 2026 – doch zum Vergleich: IBM präsentierte bereits Chips mit über 1000 Qubits. Entscheidend wird die Fehlerkorrektur, denn Qubits sind extrem instabil.
Jeder winzige Störfaktor kann Berechnungen zerstören. IQM reklamiert hier Fortschritte: Die Effizienz ihrer Fehlerkorrektur sei zehnmal höher als der Branchendurchschnitt.
Anwendungen: Von Medikamenten bis zur Autoproduktion
Noch sind die Einsatzfelder überschaubar, doch erste Pilotprojekte laufen: Das Forschungszentrum Jülich testet mit ZF Friedrichshafen Produktionsplanungen, Mercedes untersucht die Materialverformung von Bauteilen, Pharmafirmen hoffen auf schnellere Molekülsimulationen.
Sollte sich die Technik skalieren lassen, wäre der Markt gigantisch – McKinsey schätzt ihn bis 2035 auf fast 100 Milliarden Dollar.
Marathon statt Sprint
IQM-Mitgründer Jan Goetz weiß, dass ein Durchbruch Zeit braucht. Der promovierte Physiker, Ultramarathonläufer und ehemalige Postdoc in Finnland setzt auf langen Atem: Die technische Roadmap reicht bis 2033. Sein Ziel ist klar:
„Wir wollen Weltmarktführer im Quantencomputing werden.“
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