27. Juli, 2025

Unternehmen

Milliarden oder Macht? Oliver Blume startet den großen Ausverkauf

VW- und Porsche-Chef Oliver Blume will durch Beteiligungsverkäufe Milliarden erlösen. Doch der geplante Umbau des Konzerns trifft auf Widerstand, Chaos und wachsenden Druck. Jetzt stehen sogar Robotaxi-Anteile zum Verkauf.

Milliarden oder Macht? Oliver Blume startet den großen Ausverkauf
Statt an seinen Markenwerten zu feilen, will Porsche den IT-Berater MHP und das Software-Investment Applied Intuition loswerden – offenbar zu Preisen deutlich unter Buchwert.

Ein Konzern auf Ausverkaufstour

Oliver Blume hat einen klaren Auftrag: Geld muss her. Viel Geld. Denn der Volkswagen-Konzern steckt in einem Investitionsstau, der sich gewaschen hat.

Milliarden fließen in E-Mobilität, Robotaxi-Projekte, Batteriefabriken und neue Plattformen. Gleichzeitig stagnieren die Gewinne, der Cashflow dürrfiert, die Aktienkurse der Holdinggesellschaften und ihrer Marken befinden sich im Dauerkoma. Was tun?

Die Antwort des Konzernchefs ist radikal: verkaufen, was sich verkaufen lässt. Im Fokus stehen Tochtergesellschaften wie die Robotaxi-Einheit ADMT, das Porsche-Beratungsunternehmen MHP, der Entwicklungsdienstleister IAV oder sogar Beteiligungen in Kalifornien.

Selbst das verlustreiche Fahrradgeschäft steht zur Disposition. Der größte Autobauer Europas will sich gesundstoßen – zur Not auch auf Kosten seiner Kontrolle.

Robotaxis im Schaufenster

ADMT, die VW-Einheit für autonomes Fahren, gilt als eines der ambitioniertesten Projekte des Konzerns. Unter der Leitung von Christian Senger testet man in Hamburg bereits Robo-Bullis auf Basis des ID.Buzz.

In den USA will man 2026 mit Uber starten. Der strategische Wert? Riesig. Der potenzielle Verkaufserlös? Unklar. Blume will sich mit Minderheitenverkäufen über Wasser halten, ohne die Zügel ganz aus der Hand zu geben.

Das Narrativ für Investoren steht: "Wir bieten Fahrzeug, Flottensteuerung und Software aus einer Hand." Doch was nach Zukunft klingt, ist intern nicht unumstritten. Noch laufen Gespräche mit strategischen Partnern – ein Abschluss ist nicht absehbar.


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Milliardenschach in der Konzernzentrale

Hinter den Kulissen hat Blume eine kleine M&A-Eingreiftruppe installiert. Mit Ex-Banker Daniel Braun und Portfoliomanager Sven Fuhrmann sollen Beteiligungen wie Everllence, die ehemalige MAN Diesel & Turbo, verkaufsfertig gemacht werden.

Die Schwermotorentochter schrieb 2023 bereits wieder schwarze Zahlen, der operative Gewinn lag bei 337 Millionen Euro. Dennoch: Ein Verkauf scheint beschlossene Sache – auch gegen Widerstände im Aufsichtsrat.

Dabei ist Everllence kein Einzelfall. Auch das Software-Investment von Porsche in das US-Start-up Applied Intuition steht auf dem Prüfstand. Die Bewertung? Rund 500 Millionen Euro möglich.

Nicht jede Tochter ist ein Juwel

Weniger lukrativ: das Fahrradgeschäft. Die Porsche-eBike Performance GmbH fuhr 2023 ein Minus von 31,5 Millionen Euro ein. Hoffnungsträger bleibt der niederländische Partner Pon.

Auch MHP, eine von Porsche 2024 komplett übernommene IT-Beratung, kämpft mit Umsatzverlusten. Gespräche mit T-Systems und indischen Käufern laufen, der Verkaufspreis dürfte aber deutlich unter Buchwert liegen.

Das Personal rebelliert

Blumes Strategie trifft in der Belegschaft auf Widerstand. Vor allem die Gewerkschaften und Betriebsräte wehren sich gegen den Verkauf von Unternehmen mit hoher technischer Kompetenz oder tarifgebundenen Arbeitsplätzen.

Beispiel Italdesign: Der Design- und Ingenieurdienstleister soll mehrheitlich verkauft werden, doch aus der Wolfsburger Zentrale kommt ein klares Nein zur Übernahme durch das US-Techunternehmen UST.

Ähnlich unklar ist die Lage bei IAV. Obwohl große IT-Häuser wie Accenture Interesse zeigen, schreckt die Finanzlage und der fehlende Sanierungsplan viele ab. IAV-Chef Astalosch soll jetzt sparen, bis es wieder attraktiv aussieht. Doch der Betriebsrat blockiert.

Der Preis der Zukunft

Blume denkt in Milliarden, doch der Konzern scheint auf einem politischen Minenfeld zu manövrieren. Kein Deal ohne Widerstand, kein Verkauf ohne Reibung. Der Ausverkauf, den der Vorstand anstrebt, wird kein schneller Befreiungsschlag – sondern ein mühsamer Balanceakt zwischen Kapitalmarkt, Kontrolle und Konzernkultur.

Was bleibt, ist der Eindruck eines Konzerns, der sich für die Zukunft rüstet, indem er seine Gegenwart stückweise abstoßt. Ob das gelingt, hängt nicht nur vom Markt ab. Sondern auch vom Mut, alte Besitzansprüche hinter sich zu lassen.

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