Wahl mit weißem Rauch – und goldenen Schatten
Wer dieser Tage als Papst aus dem Konklave hervorgeht, übernimmt mehr als das Oberhauptsamt von 1,3 Milliarden Katholiken.
Er übernimmt auch die Verantwortung über ein global verstreutes Vermögen, dessen genaue Größe selbst innerhalb der Kurie umstritten ist – mit Immobilien in London, Goldanlagen in der Schweiz, Investmentfonds in Luxemburg und tausenden Einzelspenden aus aller Welt.
Der Vatikan ist eine religiöse Institution – aber auch ein internationaler Finanzakteur mit einer der komplexesten Vermögensstrukturen Europas.
Der Schatz des Heiligen Stuhls – groß, aber undurchsichtig
Laut dem jüngsten Bericht der Güterverwaltung APSA (Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica) verwaltet der Vatikan über 2,7 Milliarden Euro – vor allem in Immobilien und Wertpapieren.
Doch das ist nur ein Teil des Schatzes. Hinzu kommen 5,4 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen der Vatikanbank, offiziell „Istituto per le Opere di Religione“, kurz IOR. Zusammengerechnet: über acht Milliarden Euro – konservativ gerechnet.
Was sich eindrucksvoll liest, ist zugleich das Ergebnis jahrzehntelanger Intransparenz. Erst unter Papst Franziskus wurden erstmals umfassende Finanzberichte veröffentlicht.
Davor war die Vatikanbank berüchtigt als Offshore-Oase im Herzen Europas – mit Verbindungen zur Mafia, dubiosen Konten und fehlender Kontrolle.

Die Reformerjahre – was Franziskus verändert hat
Papst Franziskus trat 2013 an, um mit diesem Ruf aufzuräumen. Er entließ Bankdirektoren, beendete Hunderte Geschäftsbeziehungen zu fragwürdigen Kunden – und setzte externe Finanzprüfer ein.
Seitdem veröffentlicht die Vatikanbank Jahresabschlüsse, gibt sich reguliert und wirbt mit ethischer Geldanlage. Ein Erfolg? Teils. Zwar sank die Zahl verdächtiger Transaktionen deutlich – 2024 wurden laut vatikanischer Aufsicht ASIF nur noch rund 800.000 € blockiert –, doch Transparenz und Rechenschaft bleiben selektiv.
Immobilienreichtum mit Schattenseiten
Besonders groß ist das vatikanische Portfolio bei Immobilien: Rund 5.500 Objekte, davon über 4.000 allein in Italien, weitere in London, Paris und Genf. Doch über 70 Prozent dieser Gebäude bringen keine Miete ein – aus sozialen, religiösen oder politischen Gründen.
2023 erzielte der Vatikan nur 35 Millionen Euro an Mieteinnahmen. Gemessen am Umfang des Immobilienbesitzes ist das ein Bruchteil dessen, was vergleichbare private Vermögensverwalter erzielen würden.
Ein Kirchenstaat am Limit – trotz Milliarden
Trotz des beachtlichen Vermögens steckt der Vatikan in einer strukturellen Finanzkrise. Laut La Repubblica betrugen die Ausgaben 2023 rund 1,236 Milliarden Euro, die Einnahmen jedoch nur 1,152 Milliarden – ein Defizit von über 80 Millionen Euro.
Hauptverantwortlich: der riesige Verwaltungsapparat der Kurie, steigende Pensionslasten und stagnierende Einnahmen aus Tourismus und Spenden.
Der Peterspfennig – Spenden für Gott, genutzt für Verwaltung
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umgang mit Spendengeldern. Der sogenannte Peterspfennig, eine weltweite Kollekte für karitative Zwecke, brachte 2023 52 Millionen Euro ein.
Doch nur 13 Millionen Euro wurden laut Catholic News Agency tatsächlich für Hilfsprojekte ausgegeben – der Rest floss in operative Kosten des Heiligen Stuhls. Eine Praxis, die selbst innerhalb der Kirche zunehmend kritisiert wird.
Machtkampf hinter Fresken – der Vatikan als Konzern
Während draußen Gläubige beten und Fotografen auf weißen Rauch warten, ringen drinnen konservative und progressive Kräfte um die Ausrichtung der Weltkirche – auch in finanzieller Hinsicht.
Der neue Papst wird nicht nur moralische Fragen beantworten müssen, sondern vor allem auch: Wie finanziert sich eine globale Kirche im 21. Jahrhundert? Mit Luxusimmobilien? Mit Spenden? Oder mit einer neuen ökonomischen Ethik?
Vatikan als Arbeitgeber – und als Arbeitgeberproblem
Ein Blick auf die Museen des Vatikans zeigt, wie eng Geld und Glaubwürdigkeit verknüpft sind. 2024 drohten Angestellte der Vatikanischen Museen mit Klage – wegen schlechter Arbeitsbedingungen.
Der Vorwurf: Das Management handle „nach der Logik der Gewinnmaximierung“. Der Vorwurf wiegt schwer – gerade für eine Institution, die sich selbst als moralischer Kompass der Welt versteht.
Der Vatikan ist reich – aber nicht liquide
Der Eindruck eines finanziell übermächtigen Kirchenstaats trügt. Ja, der Vatikan besitzt Milliardenwerte – aber oft in Form toter Vermögensmasse, ungenutzter Immobilien oder ethisch fragwürdiger Rücklagen. Gleichzeitig kämpft der Kirchenstaat mit strukturellem Defizit, Spendenrückgang und Reformstau.
Wer immer demnächst auf der Benediktionsloggia erscheint – er wird ein Papst mit einer Herausforderung sein, die weder theologischer noch spiritueller Natur ist. Sondern ganz irdisch: Wie reformiert man einen Apparat, der heilig scheint, aber haushälterisch nicht mehr funktioniert?
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