16. Juni, 2025

Startups & VC

McMakler am Abgrund: Wie interne Machtkämpfe ein Proptech in die Knie zwingen

Einst Milliardenhoffnung, jetzt Überlebenskampf: Beim Berliner Start-up McMakler eskaliert der Konflikt der Investoren. Hinter den Kulissen ringen mächtige Geldgeber um Einfluss – und riskieren dabei den Untergang der Firma.

McMakler am Abgrund: Wie interne Machtkämpfe ein Proptech in die Knie zwingen
McMakler kämpft um seine Existenz: Nach mehreren Entlassungswellen steht das Berliner Proptech finanziell am Abgrund – Investoren blockieren eine Einigung.

Es war alles vorbereitet. Der Notartermin war absolviert, die Millionen-Finanzierung schien unter Dach und Fach. Und dann platzte der Deal. So dramatisch wie die Lage auf dem Immobilienmarkt selbst, so explosiv zeigt sich derzeit die Situation hinter den Kulissen von McMakler.

Das Berliner Proptech-Start-up taumelt – nicht nur wegen sinkender Umsätze, sondern auch wegen erbitterter Grabenkämpfe seiner Kapitalgeber.

Vom Hoffnungsträger zum Sanierungsfall

McMakler war einmal der Shootingstar der deutschen Gründerszene. Gegründet 2015, gepusht mit rund 240 Millionen Euro Wagniskapital, zwischenzeitlich mit einer Bewertung von bis zu 800 Millionen Euro.

Die Vision: Den Immobilienverkauf digitalisieren, mit Technologie schneller, transparenter und günstiger machen. Es schien aufzugehen. Renommierte Investoren wie Balderton Capital, Warburg Pincus und Telekom-Veteran René Obermann reihten sich ein.

Doch mit dem jähen Zinsanstieg kippte der Boom. Die Nachfrage nach Immobilien brach ein, Käufer zögerten, Verkäufer hielten sich zurück. 2022 lag der Umsatz noch bei etwa 106 Millionen Euro, seither geht es bergab.

Drei große Entlassungswellen in den letzten Jahren, jede mit dreistelligen Stellenstreichungen, verdeutlichen, wie drastisch der Sparkurs ausfiel. Rund die Hälfte der Belegschaft hat McMakler bereits abgebaut.

Der letzte Strohhalm: Frisches Geld – doch die Investoren blockieren sich

Eigentlich sollte eine neue Finanzierungsrunde nun die dringend benötigte Luft verschaffen: Bis zu 15 Millionen Euro frisches Kapital standen im Raum. Doch die Einigung scheiterte.

McMakler ist Teil einer wachsenden Zombie-Wirtschaft: Zahlreiche deutsche Start-ups überleben nur noch dank Schuldenrestrukturierungen und fragiler Geldspritzen.

Die Ursachen? Weniger finanzielle, sondern politische: Zwei zentrale Lager der Investoren liefern sich seit Monaten ein Nervenkrieg.

Auf der einen Seite der israelische Fonds Israel Growth Partners (IGP) um Uri Erde. Auf der anderen Target Global mit Strippenzieher Shmuel Chafets – unterstützt von Kreos Capital, einer Tochter des Giganten BlackRock, der McMakler mit rund 60 Millionen Euro Venture Debt finanziert hat.

Ein Machtkampf auf dem Rücken des Unternehmens

IGP forderte einen Schuldenschnitt, um McMakler von der erdrückenden Kreditlast zu befreien. Kreos blockte kompromisslos. Als Kreditgeber mit vorrangigen Ansprüchen sitzt BlackRock hier am längeren Hebel.

Gemeinsam mit Target Global konterten sie mit einem eigenen Vorschlag: Kein Schuldenschnitt, stattdessen exklusive Sonderrechte für die neuen Investoren.

Brisant: In den vertraulichen Verhandlungsunterlagen ist von einer fünffachen Liquidationspräferenz die Rede. Sollte McMakler später verkauft werden, flösse der Großteil der Erlöse zunächst an die beteiligten Investoren.

Für die Gründer und Altgesellschafter bliebe dann oft nur noch ein Bruchteil. Ein solches Termsheet ist in Krisenfinanzierungen zwar nicht unüblich – dokumentiert aber, wie weit der Überlebenskampf bereits fortgeschritten ist.

Interne Grabenkämpfe statt Sanierungsplan

Insider sprechen von eskalierten Diskussionen, hitzigen Wortgefechten, persönlichen Eitelkeiten. Ein Beteiligter beschreibt das Geschehen als „ziemlichen Kindergarten“. Die Zerstrittenheit der Investoren lähmt jede schnelle Lösung. Und je länger sich die Entscheidung hinzieht, desto enger wird das Zeitfenster.

Bereits Anfang Mai warnte das Management, dass die Finanzmittel womöglich nur noch bis Monatsende reichen könnten.

Zwar erklärte McMakler auf Anfrage, zuletzt schwarze Zahlen geschrieben zu haben und strukturell robust aufgestellt zu sein. Doch Beobachter sind skeptisch. Denn ohne die Einigung droht der Gang zum Insolvenzgericht.

Berliner Zombiewirtschaft in Serie

McMakler ist nicht das einzige deutsche Wachstumsunternehmen, das unter dem harten Zinsregime ächzt.

Prominente Namen wie Forto, N26 oder Grover kämpfen mit schrumpfender Liquidität, Investorenzurückhaltung und hohen Finanzierungskosten. Viele hochgejubelte Start-ups mutieren zu sogenannten „Zombie-Unternehmen“ – bilanziell insolvent, aber noch künstlich am Leben gehalten.

Die Krise bei McMakler zeigt exemplarisch, wie brüchig das einstige Wachstumsmodell war: Hohe Bewertungen, aggressive Expansion auf Pump, fehlende Krisenresilienz. Und am Ende: interne Machtspiele, die die Sanierung erschweren.

Das letzte Aufgebot

Für kommenden Mittwoch ist das nächste Gesellschaftertreffen angesetzt. Ob es zu einer Einigung kommt, bleibt ungewiss. Ohne frisches Geld dürfte es eng werden. Die große Ironie: Am Geld allein scheitert McMakler derzeit nicht – sondern an den eigenen Investoren.

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