23. Juli, 2025

Unternehmen

Machtpoker bei thyssenkrupp? CEO-Vertrag vor Verlängerung

Während der Aufsichtsrat überraschend früh über die Zukunft von Vorstandschef Miguel Lopez entscheidet, kochen die Spekulationen um die Kontrolle über das Stahlgeschäft hoch. Doch thyssenkrupp dementiert einen schleichenden Ausverkauf.

Machtpoker bei thyssenkrupp? CEO-Vertrag vor Verlängerung
Der Industriekonzern steht vor der nächsten Weichenstellung: CEO Miguel Lopez könnte noch diese Woche vorzeitig verlängert werden – trotz interner Widerstände aus dem Lager der Arbeitnehmervertreter.

Personalentscheidung wird vorgezogen

Eigentlich war der September als Termin vorgesehen. Doch nun will der Aufsichtsrat von thyssenkrupp bereits an diesem Freitag über die Vertragsverlängerung von Vorstandschef Miguel Lopez abstimmen.

Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. Die Entscheidung kommt damit deutlich früher als erwartet – und offenbar nicht ohne interne Diskussionen.

Denn einfach wird die Abstimmung wohl nicht. Die Arbeitnehmervertreter könnten sich gegen eine sofortige Verlängerung stellen. In diesem Fall käme das gesetzlich verankerte Doppelstimmrecht von Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm ins Spiel.

Quelle: Eulerpool

Er könnte mit seiner Stimme die entscheidende Mehrheit sichern. Noch gibt sich der Konzern offiziell bedeckt. Ein Sprecher bestätigt lediglich, dass eine Verlängerung für dieses Jahr ohnehin vorgesehen sei – man werde sich "zu gegebener Zeit" äußern.

Strategischer Umbau im Stahlgeschäft sorgt für Verunsicherung

Parallel zur Personalie sorgt erneut die Zukunft des traditionsreichen Stahlgeschäfts für Gesprächsstoff. Ein Bericht der Welt am Sonntag hatte zuletzt die Spekulationen angeheizt, thyssenkrupp könne seine Beteiligung an der Stahlsparte deutlich unter die Marke von 50 Prozent senken. Das Dementi aus Essen ließ nicht lange auf sich warten.

"Wir streben ein 50:50-Joint-Venture mit der EP Group bei thyssenkrupp Steel an – nicht weniger, aber auch nicht mehr", stellt der Konzern klar.

Eine darüber hinausgehende Reduzierung der Anteile sei derzeit kein Thema. Auch Vorstandschef Lopez selbst hatte sich vorsichtig ausgedrückt.

Auf die Frage, ob EP-Group-Eigentümer Daniel Křetínský künftig mehr Anteile übernehmen könnte, antwortete Lopez lediglich: „Eins nach dem anderen.“

Křetínský bleibt ein Faktor

Faktisch wird das künftige Gleichgewicht in der Stahlsparte wesentlich von Křetínský abhängen.

Der tschechische Milliardär, der sich in den vergangenen Jahren ein beachtliches Industrieportfolio in Europa aufgebaut hat, verfolgt bekanntermaßen eine langfristige Beteiligungsstrategie. Ob seine EP Group auf lange Sicht mit exakt 50 Prozent zufrieden sein wird, bleibt offen.

Im Moment betont thyssenkrupp allerdings den Fokus auf die anstehenden Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern zur Transformation des Stahlbereichs. Und die dürften komplex genug werden. Digitalisierung, Dekarbonisierung und Investitionen in grüne Produktionstechnologien stehen auf der Agenda – alles Themen mit erheblichem Finanzbedarf.

Der traditionsreiche Stahlbereich bleibt ein emotionaler und strategischer Brennpunkt. Arbeitnehmer befürchten, dass künftige Joint-Venture-Strukturen schleichend zu einem Kontrollverlust führen könnten.

Die schwierige Balance zwischen Tradition und Zukunft

Der Stahlbereich bleibt für thyssenkrupp strategisch wie emotional das Herzstück des Konzerns. Gleichzeitig ist er aber auch das Sorgenkind.

Der globale Wettbewerbsdruck, hohe Energiepreise und der notwendige Umbau Richtung klimaneutraler Produktion stellen das Geschäft seit Jahren auf eine harte Probe. Mehrfach wurden Verkäufe, Abspaltungen und Fusionen geprüft – letztlich aber nie vollzogen.

Ein Joint Venture mit einem finanzstarken Partner wie Křetínský könnte zumindest für Stabilität sorgen. Doch die Arbeitnehmerseite fürchtet offenbar genau das: einen schleichenden Einflussverlust und mögliche spätere Mehrheitsverschiebungen.

Ein Konzern im Umbau

thyssenkrupp steht insgesamt vor einem fundamentalen Umbau. Unter CEO Lopez verfolgt der Konzern einen Kurs der Konzentration auf wachstumsstarke und margenstärkere Bereiche wie Wasserstofftechnologie, Anlagenbau und maritime Systeme.

Die Stahlproduktion soll in diesem neuen Portfolio zwar erhalten bleiben, jedoch möglichst entlastet und flexibler aufgestellt werden.

Die vorgezogene Personalentscheidung beim CEO zeigt, wie eng Personalfragen und Strategie derzeit miteinander verwoben sind. Ein starker Vorstandschef mit Rückenwind aus dem Aufsichtsrat könnte die Umstrukturierung konsequenter vorantreiben – selbst gegen Widerstände aus der Belegschaft.

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