Silicon Valley statt Stockholm
Lyten, ein Batterieentwickler aus San José, will Northvolt vollständig schlucken. Nach der Übernahme des kalifornischen Werks 2024 und der polnischen Fertigung in Danzig soll nun auch das Herzstück folgen: die Stammfabrik in Skellefteå, das Entwicklungszentrum in Västerås, sämtliche Patente – und die Baustelle in Heide.
Offiziell ist von einem Vermögenswert von rund fünf Milliarden Dollar die Rede, konkrete Kaufpreise bleiben aus. Der Deal soll im vierten Quartal durch sein, wenn Schweden, Deutschland und die EU zustimmen.
Ein Rettungsversuch mit Signalwirkung
Für den Standort Heide könnte der Einstieg der Amerikaner das Aus für das Dauerprovisorium bedeuten. Geplant ist weiter eine Kapazität von 15 Gigawattstunden – genug für Batterien von bis zu einer Million E-Autos im Jahr.
Lyten verhandelt mit der Bundesregierung über die Fortführung des Projekts und den Zugriff auf die bisher zugesagten Fördermittel. Im Raum stehen 700 Millionen Euro direkte Beihilfen sowie eine von Bund und Land garantierte Wandelanleihe über 600 Millionen Euro.

Ausgezahlt wurde davon bislang nichts – und ob das so bleibt, hängt von den Genehmigungen und der Zahlungsbereitschaft des neuen Eigentümers ab.
Von der Hoffnungsträgerin zum Sanierungsfall
Northvolt war einmal Europas große Antwort auf den Batterieboom in Asien – hochgelobt, politisch hofiert, strategisch überfordert. Rückschläge wie der geplatzte Milliardenauftrag von BMW und eine immer dünnere Kapitaldecke führten zu Entlassungen, Baustopps und letztlich zur Insolvenz in Schweden im Frühjahr 2025.
Der US-Gläubigerschutz half nur kurz. Am Ende blieb ein Flickenteppich aus halbfertigen Werken und verlorenen Förderversprechen.
Politik zwischen Rechtfertigung und Schadensbegrenzung
Die geplante Fabrik in Heide war politisch ein Prestigeprojekt. Kanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Ministerpräsident Günther standen 2024 beim Spatenstich vor der Kamera.
Heute ist klar: Die damalige Förderzusage beruhte auf einem PwC-Gutachten, das die Ausfallwahrscheinlichkeit mit unter einem Prozent bezifferte. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche nennt die Entscheidung ihres Vorgängers inzwischen „gut gemeint, aber fehlerhaft“.
Ein Teil der garantierten Summen könnte für den Steuerzahler verloren sein – es sei denn, Lyten tritt in alle Verpflichtungen ein.
Lyten muss liefern
Ob der US-Käufer Northvolt wirklich neues Leben einhaucht oder nur die besten Filetstücke übernimmt, wird sich erst 2026 zeigen. Klar ist: Ohne zügigen Baufortschritt in Heide, transparente Finanzierungspläne und den Beweis, dass Lyten mehr ist als ein opportunistischer Aufkäufer, bleibt die Skepsis groß.
Für Schleswig-Holstein steht weit mehr auf dem Spiel als nur eine Fabrik – es geht um Glaubwürdigkeit, industrielle Zukunft und die Frage, ob deutsche Industriepolitik ihre Lehren zieht.
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