29. Juli, 2025

Quartalszahlen

Licht aus, Strukturwandel an – Forvia Hella steckt im Umbau fest

Umsatzrückgang, sinkende Margen, Kostensenkungsprogramm: Der Autozulieferer Forvia Hella kämpft mit den Nachwehen einer kriselnden Branche – und wagt mit einem radikalen Sparkurs einen Umbau auf Verdacht. Doch die Herausforderungen der Transformation sind größer als die Zahlen vermuten lassen.

Licht aus, Strukturwandel an – Forvia Hella steckt im Umbau fest
Mit der Initiative „Simplify“ will Hella jährlich 80 Millionen Euro sparen – doch der Umbau kostet zunächst bis zu 100 Millionen.

Ein enttäuschendes Halbjahr mit Ansage

Im Scheinwerferlicht stehen bei Forvia Hella zurzeit vor allem zwei Dinge: Rückgänge und Restrukturierungen. Der traditionsreiche Autozulieferer, der seit der Übernahme durch den französischen Forvia-Konzern Teil eines der weltweit größten Zulieferverbünde ist, hat im ersten Halbjahr 2025 einen leichten, aber symbolträchtigen Rückgang hinnehmen müssen – beim Umsatz ebenso wie beim operativen Ergebnis.

2025-03-13 Fiscal Year 2024 | FORVIA HELLA
Fiscal Year 2024: FORVIA HELLA achieves solid financial results in a challenging industry environment Currency-adjusted sales improve by 1.3 percent to €8.1 billion; reported sales of €8.0 billion remains at the previous year’s level Operating income falls to €446 million, among others due to underutilization of production sites; operating income margin at 5.6 percentNet cash flow as a percentage of reported sales is 2.4 percentLighting improves sales due to full consolidation of Beijing Hella BHAP Automotive Lighting; declining sales in Electronics and Lifecycle SolutionsOrder intake of over €10 billion; around one third of this comes from the markets in Asia and America eachContinuation of established dividend policy: dividend of €0.95 per share proposed Company outlook for 2025 reflects continued challenging market environment

Während Vorstandschef Bernard Schäferbarthold den Rückgang rhetorisch als „solide“ umschifft, zeigen die Zahlen ein anderes Bild.

Der Umsatz schrumpfte um 1,3 Prozent auf 3,98 Milliarden Euro – bereinigt um Währungseffekte blieb ein Minus von 0,4 Prozent. Das operative Ergebnis sank von 248 auf 237 Millionen Euro, die Marge rutschte von 6,2 auf 6,0 Prozent. Kein Absturz – aber ein klares Warnsignal in einer Branche, in der es derzeit kaum Spielraum für Schwäche gibt.

Quelle: Eulerpool

Ein Markt, der sich nicht erholt

Schäferbarthold gibt sich kämpferisch, doch auch seine Worte verraten den Ernst der Lage: Von einer Markterholung ist „mittelfristig nicht auszugehen“.

Eine bittere Diagnose für ein Unternehmen, das vom Wandel der Automobilindustrie doppelt getroffen wird: Zum einen durch die strukturellen Verwerfungen in der globalen Zulieferkette, zum anderen durch die radikalen Technologieumbrüche – Elektromobilität, Softwarezentrierung, neue Licht- und Sensorsysteme.

Quelle: Eulerpool

Zwar sind Scheinwerfer und Sensorik zentrale Komponenten für autonomes Fahren und Fahrerassistenz – zwei Wachstumstreiber der Zukunft. Doch der Weg dorthin ist kostspielig, risikobehaftet und bei stagnierender Marktdynamik nur schwer zu finanzieren.

„Simplify“ als Kampfansage an sich selbst

Forvia Hella reagiert mit einem Programm, das auf den ersten Blick nüchtern klingt, in Wahrheit aber tiefgreifende Einschnitte ankündigt: „Simplify“.

Dahinter verbirgt sich ein umfassender Umbau, der bis Ende 2028 Bruttoeinsparungen von 80 Millionen Euro jährlich erzielen soll – auf Kosten interner Strukturen und Prozesse. Zugleich werden Umsetzungskosten von bis zu 100 Millionen Euro veranschlagt. Das heißt: Erst wird investiert, um später zu sparen.

Quelle: Eulerpool

Die Initiative steht sinnbildlich für eine Branche, die sich zwischen Umbruch und Optimierung aufreibt. Für Forvia Hella bedeutet „Vereinfachung“ vermutlich mehr als nur das Streichen von Schnittstellen – es wird um Personal, Werke, Abläufe und vielleicht auch um strategische Neuausrichtung gehen.

Zwischen Gewinnwarnung und Zweckoptimismus

Bemerkenswert ist, dass Schäferbarthold trotz allem an der Jahresprognose festhält. Währungsbereinigt erwartet der Konzern weiterhin einen Umsatz zwischen 7,6 und 8,0 Milliarden Euro – ein Ziel, das vor dem Hintergrund des ersten Halbjahres ambitioniert wirkt. Die operative Marge soll zwischen 5,3 und 6,0 Prozent liegen, was in etwa dem Niveau des Halbjahres entspricht.

Doch ob die zweite Jahreshälfte tatsächlich stärker ausfällt, ist mehr Hoffnung als Gewissheit. Denn die Unsicherheiten sind nicht kleiner geworden: Absatzmärkte in China und Europa schwächeln, Lieferketten bleiben anfällig, die Investitionsbereitschaft der Autohersteller ist gedämpft – und die Margen stehen unter Druck.

Ein Konzern in der Zange

Für Forvia Hella ist der Umbau auch deshalb heikel, weil der Mutterkonzern Forvia selbst unter Druck steht. Der französische Zulieferriese war erst 2022 aus der Fusion von Faurecia und Hella hervorgegangen – ein Zusammenschluss, der Synergien versprach, aber auch große Schulden mit sich brachte. Nun droht der Spagat zwischen Konsolidierung und Innovation zum Drahtseilakt zu werden.

Hella als deutsche Tochter steht dabei unter besonderer Beobachtung. Die traditionsreiche Marke, deren Wurzeln bis ins Jahr 1899 reichen, soll Effizienz liefern und gleichzeitig Innovation vorantreiben. In einer Zeit, in der neue Player aus China oder den USA Tempo machen, wirkt diese Erwartung zunehmend unrealistisch.

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