Vom Fintech-Geheimtipp zur Übernahme
Max Linden war 24, als er mit Lemon Markets antrat, den europäischen Wertpapierhandel über eine einzige technische Schnittstelle zu demokratisieren. Banken, Neobroker und Vermögensverwalter sollten den Handel via API direkt in ihre Systeme integrieren können – ganz ohne eigene Infrastruktur. Die Vision: Hunderte Millionen Anleger in ganz Europa, versorgt aus Berlin.
Das nötige Fundament schien gelegt. Früh floss Wagniskapital, insgesamt knapp 30 Millionen Euro, von bekannten Investoren wie Creandum, Lakestar, Lightspeed und CommerzVentures. Die Bafin-Lizenz kam Anfang 2024. Doch das entscheidende Signal an potenzielle Kunden fehlte: Sicherheit.
Das Problem mit dem Vertrauen
„Es geht ums Signalling“, sagt Linden heute. Die Realität: Selbst mit Millionen an Risikokapital winkten viele Banken und große Finanzdienstleister ab. Für Risikomanager war ein Deal mit einem kleinen, noch jungen Anbieter schlicht zu unsicher.
Der Branchenprimus Upvest, seit 2017 am Markt und mit Kunden wie Revolut, N26 und Raisin, hatte sich früh den Löwenanteil gesichert.
Lemon Markets gelang es zwar, erste Kunden wie Holvi, Optio oder die Hamburger Neobank Tomorrow zu gewinnen. Doch der Rückstand wuchs, statt kleiner zu werden.
DWP Bank als neuer Eigentümer
Jetzt die Kehrtwende: Die DWP Bank übernimmt das Start-up vollständig. Sie zählt mit mehr als 1.000 Kunden – darunter Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privat- und Geschäftsbanken – zu den größten Wertpapierabwicklern des Landes. 2024 verwahrte sie Vermögen im Wert von 2,17 Billionen Euro und wickelte knapp 54 Millionen Transaktionen ab.
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Für die Frankfurter ist der Zukauf ein strategischer Schritt, um das eigene Digitalangebot zu stärken und im Wettbewerb mit Neobrokern wie Trade Republic Boden gutzumachen. Lemon Markets soll als eigenständige Tochter unter Linden weitergeführt werden – mit einem deutlich größeren Netzwerk im Rücken.
Kein klassischer Exit
Für die Investoren ist es ein Verkauf, der nicht nach Start-up-Lehrbuch verläuft. Normalerweise kommen Übernahmen nach Jahren profitablen Wachstums – oder kurz vor einem Börsengang. Hier erfolgt der Exit deutlich früher, aus einer Position der Schwäche.
Der Kaufpreis bleibt geheim. Klar ist: Für die bisherigen Geldgeber dürfte die Rendite überschaubar sein.
Was die Übernahme bedeutet
Mit der DWP Bank hinter sich könnte Lemon Markets nun auch bei etablierten Großbanken Türen öffnen, die bislang verschlossen blieben. Gleichzeitig verschiebt sich das Selbstverständnis: vom agilen Fintech, das gegen die Etablierten antritt, zum Teil einer Bankengruppe, die selbst im Zentrum des traditionellen Finanzsystems steht.
Bafin muss noch zustimmen
Die Übernahme steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Finanzaufsicht. Bis Herbst 2025 soll der Deal durch sein. Dann beginnt für Linden und sein Team der zweite Anlauf – diesmal mit Milliarden an verwaltetem Vermögen im Hintergrund.
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