Ein Zusammenschluss aus der Not geboren
Es war kein Zusammenschluss aus Stärke, sondern aus Zwang: Die Raiffeisenbank im Hochtaunus hatte sich mit Immobilienkrediten verhoben. Über 500 Millionen Euro Wertberichtigungen im Jahr 2024 rissen tiefe Löcher in die Bilanz.
Zwar konnte ein Teil aus Vorsorgereserven gestopft werden, doch ohne Hilfe war das Institut nicht mehr sanierungsfähig. Die Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) musste 440 Millionen Euro bereitstellen.
Abstimmung mit überwältigender Mehrheit
Trotz der angespannten Lage stimmten die Vertreterversammlungen mit klarer Mehrheit für die Fusion.
95,9 Prozent Zustimmung bei der Raiffeisenbank und 98,6 Prozent bei der Volksbank Mittelhessen lassen keinen Zweifel am Druck der Situation. Rückwirkend zum 1. Januar 2025 gilt die Verschmelzung bereits, die technische Integration der IT-Systeme soll im November folgen.
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Fehlgriff im Immobilienboom
Die Ursachen liegen in einer aggressiven Geschäftsstrategie. Während viele Institute vorsichtig blieben, setzte die Raiffeisenbank fast ausschließlich auf die Finanzierung von Wohnimmobilienprojekten.
Parallel wurden alle Filialen geschlossen, um bundesweit via Online-Banking neue Kunden zu gewinnen. Der Plan ging so lange auf, wie die Baukonjunktur brummte. Mit dem Abbruch des Booms kam der Absturz – und eine Schieflage, die zur Fusion zwang.
Rückkehr zur Filiale
Nach der Rettung folgt die Rückbesinnung. In Oberursel und Wehrheim sollen Filialen wieder eröffnen, das Private Banking der Volksbank Mittelhessen wird im Hochtaunuskreis eingeführt.
Auch der Standort Bad Homburg bleibt erhalten. Das digitale Angebot „MeineBank“ wird fortgeführt, aber die Neuausrichtung steht klar im Zeichen von Stabilität statt Expansion um jeden Preis.
Machtzentrum Gießen
Künftig liegt die organisatorische Verantwortung bei der Volksbank Mittelhessen, deren Hauptsitz in Gießen bleibt. Der Vorstand um Peter Hanker und Lars Witteck übernimmt die Leitung, während die Zukunft der bisherigen Führung der Raiffeisenbank offen ist.
Mit 11,6 Milliarden Euro Bilanzsumme reiht sich das fusionierte Institut in die Top Ten der Genossenschaftsbanken ein – und signalisiert, dass die Konsolidierung in der Branche weiter Fahrt aufnehmen dürfte.
Mehr als nur ein Einzelfall
Die Fusion ist nicht nur ein regionales Ereignis, sondern auch ein Menetekel für die gesamte Genossenschaftsbankengruppe. Steigende Zinsen, schwächelnde Immobilienmärkte und zunehmende Regulierung setzen kleine und mittlere Institute unter Druck.
Die Volksbank Mittelhessen hat nun zwar an Größe gewonnen – doch die Frage bleibt, ob sie das Risiko aus dem Erbe der Hochtaunusbank dauerhaft im Griff behalten kann.
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