Bundeskanzler Olaf Scholz bleibt trotz gewachsener Kritik aus den eigenen Reihen bei seinem Nein zu Waffenlieferungen bestimmter Marschflugkörper an die Ukraine. Dies betonte er unmissverständlich anlässlich einer Diskussionsveranstaltung in Sindelfingen. Detaillierte Stellungnahmen zu einem von Russland abgehörten und publizierten Gespräch von Bundeswehr-Offizieren über die Taurus-Marschflugkörper blieben aus.
Das Abhörmanöver Russlands löste parteiübergreifende Forderungen nach zügiger und lückenloser Aufklärung aus. Außenministerin Annalena Baerbock mahnte, dass bei der Aufarbeitung keine Täter-Opfer-Umkehr stattfinden dürfe. Der Zwischenfall dient auch als Weckruf für FDP-Chef Christian Lindner, laut dem Russland versuche, westliche Gesellschaften von innen zu spalten.
Ein Sondersitzungstermin des Verteidigungsausschusses zur russischen Lauschaktion ist für kommenden Montag anberaumt. Russland hatte am Freitag Aufzeichnungen eines Gesprächs deutscher Offiziere publiziert, welche strategische Optionen für die potenzielle Verwendung von Taurus diskutierten.
Einigkeit herrschte in dem Gespräch dahingehend, dass eine schnelle Lieferung und der Einsatz des Flugkörpers nur mit deutscher Unterstützung realisierbar wäre. Der Mitschnitt suggerierte jedoch, dass auf politischer Ebene keine Zustimmung für die Auslieferung bestehe. Scholz begründete seine ablehnende Haltung mit der Befürchtung, Deutschland könne in den Krieg hineingezogen werden.
Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte an, dass bald Ergebnisse der internen Prüfung des Vorfalls vorliegen sollten. Der Kreml forderte unterdessen weitere Informationen zu dem Vorgang und wertete die Unterhaltung der Offiziere als Hinweis auf eine direkte Kriegsbeteiligung des Westens. Die Bundesregierung wies die russischen Vorwürfe als Propaganda zurück.
Unklarheit sorgte ein Gespräch des deutschen Botschafters Alexander Lambsdorff im russischen Außenministerium. Während russische Medien von einer Einbestellung sprachen, relativierte Lambsdorff dies als eine geplante Unterredung zu bilateralen Themen.