Ein Desaster mit Ansage
Es ist eine Abstimmung, wie sie in den Lehrbüchern kaum vorkommt – und schon gar nicht für den Favoriten: Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und selbst ernannter Macher, fällt im ersten Wahlgang zur Kanzlerwahl durch.
Sechs Stimmen fehlen zur absoluten Mehrheit. Ein kleiner Unterschied – mit großer politischer Wucht.
Von den 328 Stimmen, die Union und SPD gemeinsam im Bundestag stellen, erreichte Merz nur 310. Das ist nicht nur rechnerisch ein Rückschlag. Es ist ein offenes Misstrauensvotum aus den eigenen Reihen – und eine Blamage, die ihn nun verfolgt.
Wo sind die fehlenden Stimmen geblieben?
Die Abstimmung war geheim – doch die Botschaft ist eindeutig. Sechs Abweichler haben Merz die Kanzlerschaft vorerst verweigert. Ob sie aus der SPD oder der CDU kommen, bleibt offen.
Sicher ist nur: In einem Moment, der maximale Geschlossenheit verlangte, hat die Koalition ihre erste Nagelprobe nicht bestanden.
Brisant: Schon im Vorfeld war intern von Nervosität die Rede. Nicht alle in der CDU-Fraktion trauten Merz zu, das Kanzleramt mit der nötigen Integrationskraft zu führen. Die heutige Abstimmung hat diesen Zweifel öffentlich gemacht.
Keine zweite Chance – zumindest heute nicht
Ein zweiter Wahlgang wird heute nicht mehr stattfinden. Damit bleibt Olaf Scholz geschäftsführend im Amt – laut Artikel 69 des Grundgesetzes, der für solche Fälle eine klare Regel vorsieht: Der bisherige Kanzler bleibt im Amt, bis ein Nachfolger formell gewählt ist. Scholz bekommt so, ganz ohne eigenes Zutun, eine Verlängerung.

Die juristische Lage: Spielraum für Taktik
Artikel 63 Grundgesetz lässt Merz noch 14 Tage Zeit. Innerhalb dieser Frist kann er erneut antreten – oder jemand anderes wird nominiert. Das Problem: Jeder weitere Versuch birgt Risiken.
Noch eine Niederlage, und die Autorität von Merz wäre endgültig dahin. Schon jetzt sprechen Stimmen aus der Partei davon, dass er sich „verkalkuliert“ habe.
Neuwahlen als letzter Ausweg
Wenn auch in den kommenden Wahlgängen keine absolute Mehrheit zustande kommt, greift die letzte Eskalationsstufe: ein Wahlgang mit einfacher Mehrheit. Gewählt ist dann, wer die meisten Stimmen erhält.
Allerdings muss der Bundespräsident in diesem Fall entscheiden, ob er den Gewählten zum Kanzler ernennt – oder das Parlament auflöst. Beides wäre ein Paukenschlag.
Ein Machtmensch, dem die Macht entgleitet
Merz war angetreten, um Ordnung in die Union zu bringen, sie regierungsfähig zu machen, einen konservativen Kurs zu definieren. Doch schon der heutige Vormittag zeigt, wie brüchig das Fundament seiner Führung ist.
Wer Kanzler werden will, muss überzeugen – nicht nur im Wahlkampf, sondern auch im eigenen Haus.
Sein Scheitern ist kein technischer Unfall, sondern ein Symptom für etwas Tieferliegendes: mangelndes Vertrauen, fehlende Loyalität, ungelöste Konflikte innerhalb der Union. Merz kämpft nicht nur um Stimmen. Er kämpft um seine Glaubwürdigkeit.
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