Israel hat gemäß einer Vereinbarung mit den Vereinten Nationen humanitäre Feuerpausen im stark umkämpften Gazastreifen zugestimmt, um die Massenimpfung von Hunderttausenden Kindern gegen Polio zu ermöglichen. Ab Sonntag sollen die Kämpfe in drei Teilen des Küstenstreifens jeweils von morgens bis nachmittags für drei Tage ausgesetzt werden. Laut Rik Peeperkorn, dem Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO in Gaza, erfolgt diese Maßnahme auf Grundlage einer Zusage der israelischen Behörde Cogat, die für Palästinenserangelegenheiten zuständig ist. Die Impfkampagne beginnt am 1. September im zentralen Gazastreifen, gefolgt von den südlichen und nördlichen Regionen. Pro Region könnte ein zusätzlicher vierter Tag für die Impfungen nötig sein. Die Waffenruhen sind von 6:00 Uhr morgens bis 15:00 Uhr nachmittags geplant. Peeperkorn betonte, dass eine erfolgreiche Kampagne eine hohe Beteiligung erfordert, um den neuen oralen Polioimpfstoff Typ 2 zuverlässig zu verbreiten und einen Ausbruch der Kinderlähmung zu verhindern. Etwa 640.000 Kinder unter zehn Jahren sollen im Gazastreifen in zwei Runden geimpft werden, nachdem Polio-Viren im Abwasser entdeckt wurden. Bereits wurden Impfstoffe für 1,26 Millionen Menschen über den Grenzübergang Kerem Schalom geliefert. Die Vereinten Nationen und die EU hatten intensiv auf Israel eingewirkt, um diese Feuerpausen zu ermöglichen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock informierte, dass die Bundesregierung aktiv mit Partnern vor Ort zusammenarbeite, um humanitäre Feuerpausen sicherzustellen. Die WHO und Partnerorganisationen setzen auf eine Mischung aus Impfzentren und mobilen Teams im von Zerstörung geprägten Gazastreifen. Es stehen 392 Impfzentren zur Verfügung, unterstützt von rund 300 mobilen Teams. Über 2.100 medizinische Mitarbeitende sind für die Durchführung der Impfungen im Einsatz. Eine zweite Runde der Impfungen soll vier Wochen nach der ersten stattfinden. Seit dem Ausbruch des Krieges nach einem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober letzten Jahres konnten viele Babys im Gazastreifen nicht geimpft werden. Schlechte hygienische Bedingungen und knapper Zugang zu sauberem Wasser erhöhen das Risiko einer schnellen Ausbreitung der Krankheit erheblich. Sigrid Kaag, die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe für Gaza, appellierte an die EU-Staaten, sich auch stärker an der medizinischen Versorgung von bereits erkrankten und verletzten Zivilisten zu beteiligen. Über 12.000 palästinensische Zivilisten benötigen dringend medizinische Evakuierung aufgrund ihres kritischen Gesundheitszustands.
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Humanitäre Feuerpausen im Gazastreifen ermöglichen Polio-Massenimpfung
