Ein Auftrag in Kriegszeiten – und ein Börsenschweigen dazu
Der bayerische Rüstungskonzern Hensoldt liefert mehrere Hochleistungsradare zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung – und zwar im Wert von über 340 Millionen Euro.
Es ist einer der größten Einzelaufträge in der Unternehmensgeschichte. Und doch fällt die Reaktion der Börse verhalten aus: Die Aktie verliert am Tag der Verkündung 1,2 Prozent. Ein paradoxes Signal für ein MDAX-Unternehmen, das sonst von Krieg und Krise profitiert.
Ein Auftrag, der Raketen vom Himmel holen soll
Zum Lieferumfang gehören unter anderem TRML-4D-Radare auf Basis aktiver elektronisch gesteuerter Arrays (AESA), die bis zu 1.500 Ziele gleichzeitig erfassen und verfolgen können – in einem Umkreis von 250 Kilometern.
Ergänzt wird das Paket durch Spexer-2000-Radare zur Nahbereichsaufklärung. Die Technik ist seit Beginn des russischen Angriffs in der Ukraine im Einsatz, nun wird sie weiter ausgebaut. CEO Oliver Dörre spricht von einem „entscheidenden Beitrag zum Schutz der ukrainischen Bevölkerung“.
Geopolitik als Geschäftsmodell
Seit Beginn des Krieges hat sich das Geschäftsfeld von Hensoldt rasant gewandelt: Wo früher Sensoren für zivile Märkte dominierten, sichern heute militärische Aufträge aus Europa das Wachstum. Der Umsatz soll 2025 auf bis zu 2,6 Milliarden Euro steigen – mehr als doppelt so viel wie noch 2021.

Warum der Kurs nicht anspringt
Wirtschaftlich ist der Deal ein Gewinn. Politisch ebenfalls. Doch strategisch überrascht der Markt seltene Nachrichten dieser Größenordnung kaum noch. Rüstungsaufträge gehören bei Hensoldt inzwischen fast zum Tagesgeschäft.
Der Ukrainekrieg hat eine neue Normalität im Geschäft mit Sensorik und Aufklärung geschaffen – und die ist längst eingepreist. Zumal die Margen in staatlichen Großprojekten zwar stabil, aber nicht spektakulär sind.
Zwischen Kriegsrendite und Zukunftssicherheit
Der Ukraine-Auftrag zeigt, wie stark Europas Verteidigungsindustrie aufrüstet – und wie zentral mittelgroße Akteure wie Hensoldt dabei sind. Während Rheinmetall Panzer liefert und Renk Antriebssysteme, schafft Hensoldt die „Augen“ am Himmel.
Doch ob diese Rolle auf Dauer profitabel bleibt, hängt auch von der politischen Wetterlage ab. Die milliardenschweren Verteidigungshaushalte in Europa stehen nicht ewig unter Ausnahmebedingungen. Anleger wissen das – und kaufen nicht mehr blind.
Ein starker Deal, ein schwacher Kurs, eine laute Branche
Hensoldt liefert ein zentrales Puzzlestück für Europas Sicherheitsarchitektur. Doch der jüngste Deal zeigt auch die Grenzen des Kriegs-Booms an der Börse: Wer nur auf neue Aufträge setzt, verpasst womöglich die größere strategische Frage – wie sich das Unternehmen nach einem möglichen Friedensschluss neu positionieren will. Bis dahin bleibt der Markt wachsam. Und Hensoldt unter Strom.
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