Die Zahlen stimmen – aber das Fundament wackelt
Adidas hat geliefert. 6,1 Milliarden Euro Umsatz im Quartal, ein Gewinnsprung, operative Marge nahe der magischen Zehn-Prozent-Marke – und ein CEO, der stolz verkündet, man sei „die heißeste Marke der Welt geworden“.
Doch was wie eine Erfolgsgeschichte klingt, trägt ein politisches Risiko in sich: Die Importzölle der USA könnten das gesamte Geschäftsmodell der Branche kippen – und Adidas besonders hart treffen.
Denn fast die gesamte Produktion des Konzerns erfolgt außerhalb der USA – zu großem Teil in Asien. Und genau dort setzt US-Präsident Trump mit seinen neuen Zöllen an.
Adidas steht damit vor einer unbequemen Wahrheit: Die günstige Globalisierung, auf der das Unternehmen jahrzehntelang aufgebaut wurde, ist zur geopolitischen Hypothek geworden.
Ein Boom auf Pump – getragen von günstiger Produktion
Adidas lebt von Skalierung und Effizienz. Die Turnschuhe, die in New York verkauft werden, kommen meist aus Vietnam, Indonesien oder China.
In Deutschland produziert der Konzern nur noch 2500 Paar täglich – mit 15 Leuten pro Schicht. Symbolisch, nicht skalierbar. Für den US-Markt gilt: 98 Prozent der Ware wird importiert.
Der Konzern hat zwar seine China-Exporte in die USA reduziert, doch andere Produktionsländer sind ebenfalls von Zöllen betroffen – Vietnam, Indonesien, selbst Bangladesch.
Noch sind keine Preissteigerungen angekündigt. Doch das dürfte sich bald ändern. Denn Adidas ist kein Wohltäter – sondern ein börsennotiertes Unternehmen mit Ergebniszielen.
Zahlenspiele mit Unsicherheit
Björn Gulden, Adidas-Chef, spricht von einem "normalen Jahr", in dem man die Prognose längst angehoben hätte. Aber 2025 ist alles andere als normal.
Trotz 13 Prozent Umsatzplus und einem Gewinnsprung auf über 600 Millionen Euro zögert der Konzern – aus gutem Grund. Denn niemand weiß, wie weit Trumps Zollpolitik noch geht. Und ob der politische Kurs nach den US-Wahlen 2025 bestehen bleibt oder nochmals verschärft wird.
Der Markt jedenfalls bleibt skeptisch: Trotz der starken Zahlen reagierte die Aktie kaum – und liegt seit Jahresbeginn zehn Prozent im Minus. Das spricht Bände. Die Investoren feiern den Boom nicht, sie fürchten den Knall danach.
Nike strauchelt, Puma drosselt – und Adidas?
Im Vergleich zur Konkurrenz steht Adidas gut da. Nike schwächelt, Puma hat schon vor Trump den China-Anteil im US-Geschäft deutlich reduziert. Adidas hat nachgezogen – doch der Spielraum schrumpft.
Der Konzern will nicht der erste sein, der in den USA die Preise anhebt. Aber irgendjemand muss es tun. Und wenn es Adidas wird, droht ein Rückgang der Nachfrage. Denn Sportschuhe sind kein Grundnahrungsmittel – sondern Lifestyleprodukte. Die Nachfrage ist sensibel.
Der Boom der Retro-Modelle wie Samba oder Gazelle zeigt zwar, wie stark die Marke derzeit aufgeladen ist. Doch Popularität schützt nicht vor Preissensitivität. Und der Trend „Lifestyle Running“, den Adidas clever besetzt, kann sich auch rasch drehen, wenn die Konkurrenz billiger wird oder sich der Geschmack verschiebt.
Trumps Zollpolitik trifft die falsche Branche
Kaum eine Industrie hat so konsequent global produziert wie die Sportartikelbranche. Jahrelang wurde der Produktionsstandort USA als zu teuer abgetan.
Und das stimmt: Eine Rückverlagerung in westliche Länder ist wirtschaftlich nicht darstellbar. Doch genau das wird jetzt zum Problem. Denn politische Entscheidungen zwingen die Unternehmen, umzudenken – ohne dass es eine einfache Lösung gibt.
„Der Zug ist abgefahren“, sagt Branchenveteran Klaus Jost. Das stimmt – aber die Richtung, in die er fährt, bleibt unklar. Adidas und Co. stehen vor der Wahl: Preise erhöhen und Marktanteile riskieren. Oder Marge opfern – und die Börse enttäuschen. Beides ist ungemütlich.
Die Marke ist heiß. Der politische Boden darunter glüht
Der Erfolg von Adidas basiert auf globalem Kostenvorteil, cleverem Marketing und starker Markenführung. Doch geopolitische Risiken sind das neue Normal. Und sie könnten Adidas zwingen, sein Modell radikal zu überdenken. Eine „heiße Marke“ kann auch schnell verbrennen, wenn das Fundament zu bröckeln beginnt.
Gulden hat ein gutes Quartal geliefert – aber die härteste Prüfung steht noch bevor: Was tun, wenn der Boom an seine systemische Grenze stößt? Wie viel politisches Risiko kann eine Lifestyle-Marke tragen?