14. Juni, 2025

Unternehmen

Hamburger Privatbank kappt Kapitalmarktgeschäft radikal

Die traditionsreiche Bank stellt ihr Aktien-Research und den Kapitalmarktvertrieb ein. Rund 150 Stellen fallen weg. Hinter dem Schritt steht ein Umbau, der längst überfällig war – aber nicht ohne Risiken bleibt.

Hamburger Privatbank kappt Kapitalmarktgeschäft radikal
Verkauf von Warburg Research geplant: Ein weiterer Rückzug aus dem ohnehin schmalen deutschen Researchmarkt droht.

Strategiewechsel unter Zwang

Ohne große Umschweife: M.M. Warburg & Co. gibt einen zentralen Teil seines Geschäfts auf. Die Hamburger Privatbank zieht sich aus dem institutionellen Kapitalmarktgeschäft vollständig zurück.

Betroffen sind das Aktien-Research, der Kapitalmarktvertrieb sowie der Handel mit Small- und Midcaps. Ein Rückzug, der gleich mehrere Signalwirkungen hat – und nicht nur für die Bank, sondern auch für den ohnehin ausgedünnten deutschen Aktienresearch-Markt eine empfindliche Lücke hinterlässt.

Kernbankensystem zwingt zur Entscheidung

Der unmittelbare Auslöser liegt technischer Natur: Im Mai 2026 will Warburg auf das Kernbankensystem Atruvia umsteigen.

„Wir mussten uns jetzt entscheiden, weil wir im Zuge des Wechsels auch hohe Investitionen in das Kapitalmarktgeschäft hätten vornehmen müssen“, erklärte Marktvorstand Stephan Schrameier der Börsen-Zeitung.

Die Entscheidung fiel gegen neue Investitionen – und für den harten Schnitt.

Rund 150 Mitarbeiter betroffen

Die Personalabbaupläne sind deutlich. Von derzeit rund 550 Stellen sollen bis 2027 nur noch etwa 400 übrigbleiben. Gespräche über einen Sozialplan mit den Arbeitnehmervertretern laufen bereits.

Rund 150 Stellen fallen dem Umbau zum Opfer – das Equity-Geschäft wird vollständig eingestellt.

Der geplante Personalabbau trifft vor allem das Equity-Segment, also die Aktienanalyse, den Handel und das Sales-Geschäft für institutionelle Kunden. Der Anteil des Kapitalmarktgeschäfts am Gesamtertrag lag 2024 bei immerhin zehn Prozent – zu wenig offenbar, um die nötigen Investitionen wirtschaftlich zu rechtfertigen.

Cum-Ex-Schatten bleibt präsent

Die Restrukturierung erfolgt zudem vor dem Hintergrund anhaltender Altlasten. Die Warburg Bank kämpft seit Jahren mit den Nachwehen des Cum-Ex-Steuerskandals, der das Institut reputativ und finanziell schwer belastet hat.

Zwar arbeitet das Haus seit 2022 an einer strategischen Neuausrichtung. Doch die Margen im Kerngeschäft Private Banking und Corporate Banking allein reichten zuletzt kaum aus, um die Altlasten dauerhaft aufzufangen.

Ergebnis deutlich unter Druck

Im Geschäftsjahr 2024 fiel der Gewinn bereits von zehn auf eine Million Euro. Für 2025 rechnet der Vorstand nun sogar mit einem Verlust im niedrigen zweistelligen Millionenbereich.

Ziel der Neuausrichtung bleibt dennoch ambitioniert: Ab 2027 will Warburg wieder Eigenkapitalrenditen von über zehn Prozent erzielen. Ob dieses Ziel erreichbar ist, hängt nicht zuletzt vom Tempo der Restrukturierung und dem Erfolg der eingeleiteten Kostensenkungen ab.

Verkauf von Warburg Research geplant

Noch offen ist die Zukunft der Tochter Warburg Research. Für die Research-Sparte sieht der Vorstand Verkaufschancen. „Es gebe eine Vielzahl von Häusern, die in dem Markt aktiv seien“, hieß es dazu zurückhaltend aus dem Management.

Für den deutschen Aktienmarkt wäre ein Verkauf durchaus bedeutsam: Die Zahl der unabhängigen Researchanbieter für deutsche Small- und Midcaps ist ohnehin dünn. Ein weiterer Rückzug könnte den ohnehin strukturell schwachen Kapitalmarktstandort Deutschland zusätzlich schwächen.

Klassisches Geschäftsmodell statt Kapitalmarktfantasie

Künftig will Warburg sich vollständig auf Private Banking und Corporate Banking konzentrieren – also auf vermögende Privatkunden und mittelständische Unternehmenskunden. Beratung, Finanzierung und Vermögensverwaltung sollen als tragende Säulen dienen.

Gerade im Private Banking, so die Hoffnung, lasse sich mit etablierten Kundenbeziehungen stabile Marge erzielen – und die Eigenkapitalrendite langsam wieder Richtung zweistellig schieben.

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