27. Juli, 2024

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EZB überrascht mit Zinssenkung – Anleger blicken auf Inflationsprognosen

EZB überrascht mit Zinssenkung – Anleger blicken auf Inflationsprognosen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach langem Ringen ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Dieser Schritt kam nicht unerwartet, da die Ratsmitglieder ihn über mehrere Wochen verbal vorbereitet hatten. Allerdings sorgten die aktualisierten Inflationsprognosen der EZB für Bewegung an den Anleihemärkten.

Die EZB erwartet nun für die Eurozone in den Jahren 2024 und 2025 höhere Inflationsraten von 2,5 bzw. 2,2 Prozent. Besonders auffällig ist die angehobene Kerninflationsrate, die im laufenden Jahr 2,8 Prozent erreichen soll. Ulrike Kastens von der DWS interpretiert diese Prognosen als Anzeichen dafür, dass das Inflationsziel der EZB länger auf sich warten lassen könnte. Sie kalkuliert daher mit einer Zinspause im Juli und weiteren Senkungen im September und Dezember.

Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank, hält ebenfalls weitere Zinsschritte im Sommer für ausgeschlossen. Er verweist auf die datenabhängige Vorgehensweise der EZB und die lediglich quartalsweise erscheinenden Prognosen des EZB-Stabes. Auch die NordLB erwartet im Spätsommer niedrigere Inflationszahlen und sieht dadurch eine Tür zu weiterer geldpolitischer Lockerung im September geöffnet.

Die Reaktionen an den Rentenmärkten spiegeln diese Aussichten wider. So sind die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen nach dem EZB-Entscheid gestiegen, besonders im kurzen Bereich, zeigt sich ein ähnliche Tendenz bei zweijährigen deutschen Anleihen.

Klaus Stopp von der Baader Bank warnt jedoch vor vorschnellen Schlüssen: "Die Inflation und die Lohnzuwächse bleiben ein Problem." Auch Tim Oechsner von der Steubing AG richtet seinen Fokus nun auf die anstehenden US-Arbeitsmarktdaten, die eine Schlüsselrolle für die zukünftigen Entscheidungen der Federal Reserve spielen könnten.

Trotz des eher ruhigen Handelsgeschehens an der Frankfurter Börse bleiben Unternehmensanleihen im Fokus, mit starken Käufen in Anleihen von bekannten Firmen. Darunter befinden sich unter anderem Papiere von E.On, Hochtief, Mercedes-Benz und Siemens, die derzeit Renditen zwischen 3,0 und 4,1 Prozent bieten.