Der Preisverfall trifft Hersteller ins Mark
Ein Audi e-tron Sportback, 2021 neu für knapp 87.000 Euro verkauft, steht heute mit rund 45.000 Kilometern für 38.000 Euro im Netz – ein Wertverlust, der weit über dem eines vergleichbaren Verbrenners liegt.
Laut Berylls liegt der durchschnittliche Restwert eines E-Autos um 6.400 Euro unter dem eines Benziners. Für die Hersteller bedeutet das: Sie tragen den Großteil der Verluste selbst, weil die meisten Stromer über Leasing in den Markt kamen.
Boom bei Besitzumschreibungen – aber nicht bei Stromern
Mit über 6,5 Millionen Besitzumschreibungen ist der Gebrauchtwagenmarkt fast zweieinhalbmal so groß wie der Neuwagenmarkt. Doch E-Autos machen nur drei Prozent der Angebote aus.
Zwar stiegen die Umschreibungen im ersten Quartal 2025 um 61 Prozent auf 50.423 Fahrzeuge – absolut betrachtet bleibt das jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein.

Technologischer Sprung überrollt alte Modelle
Ein zentrales Problem: Die Entwicklung neuer Batterien und Software schreitet so schnell voran, dass drei Jahre alte Modelle schwer verkäuflich sind. Kürzere Ladezeiten, höhere Reichweiten und bessere Steuerungssysteme machen ältere Fahrzeuge unattraktiv – auch wenn sie preislich längst bei vergleichbaren Verbrennern angekommen sind.
„Eine Riesenwelle baut sich auf“
Branchenexperte Christopher Ley spricht von einer Welle gebrauchter Stromer, die erst am Anfang sei. Mit den Leasing-Rückläufern der Jahrgänge 2021 und 2022 rollt eine Flut auf den Markt, die niemand haben will.
Händler sehen die wachsende Zahl der Standtage mit Sorge, denn jedes Fahrzeug, das monatelang auf dem Hof bleibt, frisst Marge und Kapital.
Neue Geschäftsmodelle statt Abverkauf
Für Autobauer und Händler gilt: Den Wertverlust einfach abzuschreiben, ist keine Lösung. Experten raten dazu, Fahrzeuge im Besitz zu behalten und mehrfach zu verleasen – ein „Multizyklus-Modell“, das auch den Zugriff auf wertvolle Rohstoffe am Lebensende der Autos sichern könnte.
Abo-Modelle oder Mietflotten sind weitere Optionen. Klar ist nur: Das klassische „kaufen, fahren, weiterverkaufen“ funktioniert beim Elektroauto nicht mehr.
Das eigentliche Risiko
Die Krise auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist mehr als ein Branchenthema. Sie zeigt, wie schwer sich die Industrie mit ihrem eigenen Umstieg auf Elektromobilität tut. Jahrzehntelang war das Geschäftsmodell auf planbare Restwerte gebaut.
Fällt dieses Fundament weg, wankt das System. Die E-Auto-Welle ist deshalb nicht nur ein Problem für Händler – sie ist ein Stresstest für die gesamte deutsche Autoindustrie.
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