Ein Schwarzwald-Start-up im Visier des Silicon Valley
In einem unscheinbaren Büro am Rande von Freiburg wird an Technologie gearbeitet, die selbst in Kalifornien für Aufsehen sorgt. Black Forest Labs, ein junges KI-Unternehmen, das sich auf die Generierung und Bearbeitung von Bildern spezialisiert hat, steht kurz vor dem größten Deal seiner noch jungen Firmengeschichte. Nach Informationen von Bloomberg sollen Salesforce und AMP – ein neues Investmentvehikel unter Leitung von Anjney Midha – gemeinsam eine Finanzierungsrunde von bis zu 300 Millionen Dollar anführen.
Mit dieser Summe würde das Unternehmen auf eine Bewertung von rund 3,25 Milliarden Dollar steigen – ein atemberaubender Sprung für ein Start-up, das vor kaum mehr als einem Jahr gegründet wurde.
Milliardenbewertung für deutsche KI
Black Forest Labs (BFL) gilt längst als das forschungsstärkste KI-Start-up Deutschlands – und als Hoffnungsträger für eine europäische Tech-Industrie, die bei der generativen KI bislang im Schatten der US-Giganten steht. Das Gründerteam um Robin Rombach, Alexander Blattmann und Patrick Esser hat sich mit beachtlicher Geschwindigkeit an die Weltspitze gearbeitet.
Rombach, ehemals Mitentwickler des bahnbrechenden Stable Diffusion-Modells, bringt wissenschaftliche Tiefe mit, Blattmann und Esser ergänzen ihn mit Vertriebs- und Wachstumsstrategie. Ihr Ziel: Europa ein eigenes, unabhängiges KI-Ökosystem aufzubauen – ein Gegenentwurf zu Googles oder OpenAIs zentralisierten Strukturen.
Rasantes Wachstum beeindruckt Investoren
Die Zahlen, die in internen Präsentationen kursieren, klingen fast zu gut, um wahr zu sein. Nur 14 Monate nach der Gründung soll BFL wiederkehrende Umsätze von rund 100 Millionen Dollar erzielt haben – ein Wert, der selbst in der dynamischen KI-Branche Seltenheitswert hat.
Noch eindrucksvoller sind die Auftragseingänge: 350 Millionen Dollar an Vertragsvolumen, darunter Kunden wie Canva, Snap und die Deutsche Telekom. Sie integrieren BFLs Modelle über Schnittstellen oder nutzen sie für interne Anwendungen.
Darüber hinaus gibt es Gerüchte über einen 140-Millionen-Dollar-Deal mit Meta, das über zwei Jahre hinweg auf die Freiburger Technologie setzen soll. Offiziell bestätigt ist der Vertrag nicht – doch aus Branchenkreisen heißt es, Meta wolle die Modelle in seine Kreativplattformen integrieren.
Der europäische Gegenentwurf zu Google
Dass Salesforce nun einsteigt, ist strategisch bemerkenswert. Der US-Softwarekonzern arbeitet seit Jahren daran, KI tiefer in seine Unternehmensprodukte zu integrieren – und sucht dafür Partner, die in der Bild- und Content-Generierung technologisch vorn liegen.
Gleichzeitig gilt Google mit seinem neuen Bildmodell Nano Banana als direkter Konkurrent. Dass US-Investoren dennoch massiv in ein deutsches Start-up investieren wollen, zeigt: Selbst im Silicon Valley traut man Black Forest Labs zu, mit der geballten Finanz- und Forschungskraft Googles mitzuhalten.
Forschung statt Hype – Made in Freiburg
Im Gegensatz zu vielen KI-Unternehmen, die auf schnelle Skalierung und Marketing setzen, verfolgt BFL eine nüchterne Forschungsstrategie. Statt auf große Sprachmodelle konzentriert sich das Team auf die Weiterentwicklung der Bild- und Videogenerierung – ein Bereich, in dem sich die deutsche Schule um Rombach einen internationalen Ruf erarbeitet hat.
Trotzdem: Die Konkurrenz schläft nicht. Google, OpenAI und Meta investieren jährlich Milliardenbeträge. BFL dagegen muss mit vergleichsweise begrenzten Mitteln arbeiten – und dennoch liefern.
Zwischen Euphorie und Risiko
Die Bewertung von 3,25 Milliarden Dollar zeigt, welchen Stellenwert europäische KI mittlerweile auch für amerikanische Investoren hat. Doch sie weckt auch Erwartungen. BFL muss beweisen, dass es seine Technologie in profitable Geschäftsmodelle überführen kann – ein Punkt, an dem schon viele ambitionierte Start-ups gescheitert sind.
Analysten warnen zudem, dass die Abhängigkeit von Großkunden wie Meta und Telekom ein Risiko darstellt. Sollte einer dieser Partner abspringen, könnte das Wachstum rasch ins Stocken geraten.
Europas KI-Hoffnung
Trotz aller Risiken bleibt BFL ein Symbol für ein neues Selbstbewusstsein in der europäischen Tech-Szene. Ein Start-up aus dem Schwarzwald, das in einem der komplexesten und kapitalintensivsten Märkte der Welt mithalten kann – und dabei wissenschaftliche Exzellenz mit Unternehmergeist verbindet.
Wenn der Deal zustande kommt, wäre das nicht nur ein Sieg für Black Forest Labs. Es wäre ein Signal an die Welt: Auch Europa kann KI. Und manchmal reicht dafür kein Konzernriese – sondern ein paar kluge Köpfe in Freiburg.
