08. Juni, 2025

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Der Sunshine-State auf Pump

Floridas schöne Fassade täuscht: Die Finanzen des Bundesstaats stehen auf wackligem Fundament – mit Risiken für Investoren und Steuerzahler gleichermaßen

Der Sunshine-State auf Pump
Steuern niedrig, Risiko hoch: Florida erhebt keine Einkommenssteuer – über 80 % der Staatseinnahmen stammen aus Verbrauchs- und Umsatzsteuern, was das Budget krisenanfällig macht.

Neue Highways, prunkvolle Schulen, frisch sanierte Universitätsgebäude – wer durch Florida reist, bekommt den Eindruck eines wirtschaftlich bestens aufgestellten Bundesstaats.

Doch hinter der sonnigen Fassade verbirgt sich eine zunehmend kritische Finanzlage.

Während Florida mit niedrigen Steuern und unternehmensfreundlicher Politik wirbt, häufen sich im Hintergrund strukturelle Haushaltsrisiken, insbesondere bei Pensionsverpflichtungen, der Infrastrukturfinanzierung und klimabedingten Zusatzkosten.

Gespräch mit einem Experten: Prof. Daniel Morris, University of Florida

Im Gespräch mit InvestmentWeek zeigt sich Prof. Daniel Morris, Finanzökonom an der University of Florida, besorgt über die langfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen:

„Florida hat im Vergleich zu anderen Bundesstaaten eine extrem niedrige Steuerbasis. Die Sales Tax ist instabil, und auf Einkommen gibt es keine Steuer. Das macht den Staat politisch beliebt, aber finanziell anfällig – besonders in Krisenjahren.“

Laut Morris entfallen über 80 % der allgemeinen Staatseinnahmen auf den Konsum, also auf Umsatz- und Verbrauchssteuern. Das sei gefährlich, wenn sich die Konjunktur abkühle – oder Katastrophen wie Hurrikane zu Mehrausgaben führten.

Schon im Haushalt 2024/2025 fehlen laut Budget Office über 1,5 Milliarden Dollar zur Deckung geplanter Ausgaben – ein strukturelles Defizit, das durch Rücklagen gestopft werden muss.

Rentenversprechen ohne Rückdeckung

Besonders kritisch ist der Zustand der staatlichen Rentenverpflichtungen. Der sogenannte Florida Retirement System (FRS) ist laut Pew Charitable Trusts nur zu etwa 82 % gedeckt – das klingt solide, bedeutet aber ein Defizit von über 40 Milliarden Dollar.

Morris warnt:

„Florida expandiert seine Beamtenpensionen politisch motiviert, ohne die Rückstellungen realistisch zu erhöhen. Das ist kein kurzfristiges Problem – aber in zehn bis zwanzig Jahren tickt hier eine stille Schuldenbombe.“

Besonders riskant: Neue Versorgungszusagen werden teils indexiert an Inflation oder Dienstjahre – bei steigender Inflation oder demografischem Wandel kann das zu starken Lasten führen.

Rentenlücke mit Ansage: Der staatliche Pensionsfonds FRS ist laut Pew nur zu etwa 82 % gedeckt – das entspricht einem Fehlbetrag von über 40 Milliarden US-Dollar.

Katastrophen-Risiko auf Staatskosten

Ein weiteres Risiko: Naturkatastrophen. Der Staat Florida betreibt mit der Citizens Property Insurance Corporation einen halbstaatlichen Versicherer, der für immer mehr Hausbesitzer einspringt, weil sich Privatversicherer zurückziehen. Im Ernstfall haften Steuerzahler – auch Investoren indirekt.

Laut Angaben der staatlichen Financial Services Agency beläuft sich das maximale Exponierungsrisiko von Citizens derzeit auf über 400 Milliarden Dollar, davon sind nur rund 17 Milliarden versichert.

Im Hurrikanfall würde der Staat also Notkredite aufnehmen oder neue Anleihen platzieren müssen – ein Klumpenrisiko, das bislang kaum im Fokus der Märkte steht.

Infrastruktur mit Schulden gebaut

Ein Blick auf Infrastrukturprojekte wie den Brightline-Zug (Miami–Orlando) oder die Erneuerung von Schulbauten zeigt: Viele Vorhaben wurden über kommunale Anleihen (Municipal Bonds) finanziert, nicht über laufende Steuereinnahmen.

Das Volumen ausgegebener Anleihen auf kommunaler Ebene in Florida liegt laut Municipal Securities Rulemaking Board (MSRB) bei über 90 Milliarden Dollar – ein Drittel davon ist nicht gedeckt durch spezifische Rückflüsse, sondern basiert auf der Hoffnung, dass Immobilienwerte und Steuereinnahmen weiter steigen.

Floridas Finanzpolitik wirkt auf den ersten Blick modern und wachstumsfreundlich – doch sie basiert auf kurzfristiger Popularität statt langfristiger Solidität. Für Investoren ergibt sich ein ambivalentes Bild: Ja, Florida ist attraktiv. Aber wer hier in Infrastruktur, Rentenfonds oder Staatsanleihen investiert, sollte die Risiken jenseits der Steuerfreiheit kennen.

Denn auch im Sunshine-State gilt: Nur weil es hell aussieht, heißt das nicht, dass alles solide ist.

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