14. Juli, 2025

Automobile

Der chinesische Schub, der keiner ist

Warum deutsche Autobauer vom vermeintlichen E-Auto-Boom profitieren und was der Blick in die Statistik verschleiert.

Der chinesische Schub, der keiner ist
VW verspricht günstige E-Autos ab 20.000 Euro – doch ID.2 und ID.1 kommen erst 2026. Bis dahin bedienen Renault und Hyundai den Markt.

272 Prozent Wachstum bei chinesischen E-Autos in Deutschland klingt wie ein Angriff auf die Platzhirsche. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Die wahren Gewinner sitzen nicht in Shanghai, sondern in Wolfsburg und München.

Der deutsche E-Auto-Markt wird derzeit vor allem von Dienstwagen dominiert – und von einer Politik, die mit großzügiger Steuerförderung ein verzerrtes Bild vom Fortschritt zeichnet.

Ein Prozent fürs grüne Gewissen

Ein Dienstwagen mit Elektromotor kostet den Nutzer in Deutschland dank der "0,25-Prozent-Regelung" nur einen Bruchteil dessen, was ein Verbrenner steuerlich kosten würde. Die Folge: Flottenmanager greifen zu, Privatkunden halten sich zurück.

Dienstwagenregelungen treiben die Zulassungen deutscher E-Autos – Privatkunden greifen lieber weiter zum Verbrenner.

Die Marktdaten zeigen klar, dass das vermeintliche Wachstum beim Absatz von E-Autos vor allem ein Wachstum bei gewerblichen Zulassungen ist. Wer den Dienstwagentrick kennt, weiß: Von einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz sind E-Autos in Deutschland weit entfernt.

Chinesen wachsen – auf dem Papier

Die Zahl ist spektakulär: 272 Prozent mehr Absatz für chinesische Hersteller im ersten Halbjahr. Doch das liegt vor allem daran, dass ihre Ausgangsbasis schlicht niedrig war.

Einige Marken wie Nio verkaufen gerade einmal im dreistelligen Bereich. Und Traditionsmarken in chinesischem Besitz wie MG oder Polestar verlieren sogar an Boden. In Summe sinkt der chinesische Marktanteil sogar leicht. Der Aufschwung ist eine optische Täuschung.

Tesla stottert, VW profitiert

Interessant ist, wer wirklich profitiert: Deutsche Hersteller wie VW und BMW holen Marktanteile von Tesla zurück. Der US-Konzern verliert deutlich an Zulassungen – trotz größerer Modelle, Fabrik in Brandenburg und prominenter Förderung.

Die Gründe? Zu wenig Modellneuheiten, politische Polarisierung durch Elon Musk, und ein wachsendes Bewusstsein für europäische Alternativen.

Kleinwagen? Fehlanzeige

Wer privat ein E-Auto kaufen möchte, sucht vergeblich nach günstigen Angeboten. Die von VW angekündigten Einstiegsmodelle ID.1 und ID.2 kommen erst 2026. Renault und Hyundai gehen bereits mit Modellen wie dem R5 und dem Inster in die Offensive. Derweil bleibt der Massenmarkt für deutsche Hersteller eine offene Flanke.

Für die chinesischen Hersteller bleibt der europäische Markt steinig: fehlende Händlernetzwerke, Importzölle, mangelnde Markenbindung. BYD etwa verkauft in Deutschland mehr als andere chinesische Marken, doch auch dort dominiert das Flottengeschäft. Ohne Präsenz in der Breite bleibt der Einfluss begrenzt.

Realität statt Wunschdenken

Trotz aller Fortschritte liegt der Anteil reiner E-Autos an den Neuzulassungen bei nur 18 Prozent. Das ist weit entfernt von einem "Durchbruch". Ohne weitere Kaufanreize wird sich daran wenig ändern. Der Markt ist da, aber er bleibt verzerrt. Der Boom ist keiner – zumindest nicht für alle.

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